Der Dreikrampf der Zuckerl-Koalition
Die gerade in Aushandlung befindliche Dreierkoalition hat schon jetzt einen Image-Rekord aufgestellt: Sie ist vermutlich die unbeliebteste Regierung aller Zeiten. Und das, bevor es sie überhaupt noch gibt. Das muss man auch erst einmal schaffen. Da dauerte es ja in England bei Boris Johnson länger. Und im Showbiz wusste man ja auch erst nach „Cheri, Cheri Lady“, woran man bei Dieter Bohlen wirklich war.
Der gewaltige Zauber, der schon dem Anfang vor dem Anfang der Zuckerl-Reformer innewohnt, findet in der Bevölkerung im Groben auf zweierlei Art seinen Niederschlag. Da gibt es zum ersten die Gruppe jener, die diese Koalition schlichtweg von vornherein ablehnt. Und nun mag zwar die andere Gruppe, die der Meinung ist, diese Koalition sei alternativlos, weil ansonsten eh schon wissen, noch die relative Mehrheit bilden. Aber selbst innerhalb dieser relativen Mehrheit ist eine klare absolute Mehrheit davon überzeugt, dass sie eh scheitern wird. Und das Unabwendbare – einen Kanzler Kickl – zwar aufschiebt, dafür dann aber mit einem späteren deutlichen FPÖ-Wahlsieg noch schlimmer ausfallen lassen wird.
Solche Zukunftsaussichten schlagen aufs Gemüt, das ist klar. Und somit addieren sich die Beliebtheitswerte der Zuckerl-Koalition also schon vor dem Start in Höhen, die bei den „Dancing Stars“ schon das Achtelfinale eher unwahrscheinlich machten.
Selbst innerhalb der handelnden Parteien ist die Begeisterung über die Alternativlosigkeit und somit Erfolgsverdammung allenthalben spürbar, nach der steirischen Landtagswahl hat sie sich vor allem bei Schwarz, aber auch bei Rot noch einmal gesteigert. Die „Bauernopfer“-Arie des gewesenen steirischen Landeshauptmannes oder das permanente Geraune aus Wirtschaft und anderen schwarzen Zirkeln, dass angeblich niemand mit der SPÖ wolle – aber auf der anderen Seite auch die hurtige Andienung der steirischen SPÖ als williger Partner für Mario Kunasek in eleganter Unterlaufung der Widerstandskämpfer-Pose Andreas Bablers, dem daraufhin nur mehr blieb, den unerschütterlichen roten Antifaschismus elegant zur föderalistisch elastisch interpretierbaren Landessache zu erklären: Lauter hell blinkende Leuchtturmsignale für „Wir wollen und wir brauchen genau das! Und das Land erst!“
Aber natürlich: Es kann ja auch gut gehen. Das wollen wir nicht ausschließen. Alle Beteiligten beteuern ja, dass es kein weiter wie bisher geben dürfe – weil das nütze nur der FPÖ. Und nun mag es zwar sein, dass das für jeden der drei Partner der somit auch kommenden „Wir haben verstanden!“-Koalition etwas zumindest leicht anderes bedeutet – für die NEOS zum Beispiel Steuern und Staatsausgaben senken, für die SPÖ Steuern und Staatsausgaben erhöhen und für die ÖVP „wurscht, Hauptsache wir bleiben Kanzler“ – aber hey: Es ist ein erster gemeinsamer Nenner!
Es ist auch mit absoluter Sicherheit davon auszugehen, dass sich in den vielen Kompromissen, aus denen sich ein Regierungsprogramm dreier Partner zwingend zusammensetzen muss, ganz, ganz viele Menschen wiederfinden werden. Und diese Kompromisse werden ja auch von Budgetkürzungen begleitet werden, die ohnehin schon gewohnheitsmäßig Begeisterungsstürme hervorrufen und nicht nur dann, wenn sie auf ein schon vorher mäßig amüsiertes Publikum treffen. Ebenso scheint kein Weg an Steuererhöhungen vorbeizuführen. Auch die werden klarerweise nicht gegen die Koalition der Willigen verwendet werden und politisch ohne weitere Umwege auf das virtuelle Stimmenkonto der FPÖ gebucht werden können. Nein! Und zum Jahreswechsel steht auch gleich eine mittelkleine Strompreis-Tachtel für die Konsumenten an, die sicher ebenso zur guten Laune bei einem Publikum beitragen wird, das insgesamt weder verwöhnt noch ungeduldig ist und auch nicht geneigt, ein Ereignis wie diesem dem „System“ irgendwie nachzutragen.
Am Weg dieser Koalition wird es also absehbarerweise von Anbeginn an nichts als rote Rosen regnen – und nicht einmal ein passionierter Barfußwanderer wie Andreas Babler wird sich dabei auch nur einen einzigen Dorn eintreten. Die staunenden Österreicher werden am Reformkarren sitzen, der flink durch blühende Landschaften gezogen wird und bald wird man auf den ersten Blick gleich gar nicht mehr wissen, ob diese Kurvengrafik da in der Zeitung die von Bitcoin ist – oder doch die Beliebtheitskurve der Regierung.
So kann es, wie gesagt, auch kommen. Und die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch. Es gibt da sogar eine Formel, mit der man sie berechnen kann. Ich glaube, sie heißt „Murphy’s Gesetz“.