Wolfgang Fellner, Medien-Mogul und Hohepriester des guten Geschmacks, feierte "2x30"

Rainer Nikowitz: Exklusiv! Irre!! Megageil!!!

Exklusiv! Irre!! Megageil!!!

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profil: Herr Fellner, gestatten Sie mir, dass ich mit folgender Frage beginne …
Fellner: Moment amoi! Sie reden ja gar net in echt mit mir.
profil: Eh nicht.
Fellner: Aber des geht do net! Sie können do net einfach a Interview erfinden!

profil: Wieso nicht? In Ihrem „Österreich“ geht das ja auch. Und ich geb ja zu, dass ich es erfunden hab.
Fellner: Was, ehrlich?
profil: Ja.
Fellner: Amateur!

profil: Herr Fellner, Sie haben also kürzlich Ihren 60. Geburtstag gefeiert. Das Motto der Feier war aber „2x30“. Haben Sie ein Problem mit Ihrem ­Alter?
Fellner: Überhaupt nicht. Das sollte einfach zum Ausdruck bringen, dass ma so alt ist, wie ma sich fühlt. Also das geistige Alter quasi.
profil: Hübsche Idee. Aber, wenn ich mir Ihre Zeitung so anschaue – warum haben Sie auf halbem Weg haltgemacht und nicht gleich „4x15“ genommen?

Fellner: Man kann ein erfundenes Interview net einfach abbrechen, oder?
profil: Muss ich wirklich gerade Ihnen die Vorteile dieser Textsorte erläutern?
Fellner: Verdammt.

profil: Haben Sie eigentlich einen Überblick, wer von den eingeladenen Politikern und Promis nicht zu Ihrer Geburtstagssause gekommen ist?
Fellner: Selbstverständlich. Die Anwesenheitsliste lügt nicht.
profil: Das würde mich jetzt schon interessieren, wer sich das getraut hat.
Fellner: Das werden Sie scho no erfahren. Lesen Sie einfach in nächster Zeit „Österreich“.

profil: Wollen Sie etwa andeuten, dass die, die nicht vor Ihnen salutiert haben, jetzt eine eher nicht so freundliche Berichterstattung zu erwarten haben?
Fellner: Aber das wär doch unseriös!
profil: Allerdings. Kommt also nicht infrage?
Fellner: Hab i des gsagt? Zuerst a Interview erfinden und mir dann auch noch des Wort im Mund umdrehen? Net schlecht für a angebliches Qualitätsmagazin.

profil: Es hält sich ja auch hartnäckig das Gerücht, viele Inserate, die nicht und nicht von selbst daherkommen wollen, fänden nach Ihrem dezenten Hinweis, dass man ja stattdessen auch einen hübschen Artikel verfassen könnte, doch noch den Weg ins Blatt.
Fellner: Des behauptet nur unsere Schmutzkonkurrenz, die auf unseren Erfolg neidig ist.
profil: Sie haben eine Schmutzkonkurrenz? Aber ist denn nicht genug Schmutz für alle da?

Fellner: Wer meine Karriere verfolgt hat, weiß, dass ich immer extrem viel Wert auf Exklusivität gelegt hab.
profil: Stimmt. So oft wie „exklusiv“ ist in Ihren Zeitungen nicht einmal „und“ gestanden. Aber es hat halt leider so gut wie nie gestimmt.
Fellner: „Exklusiv“ is a Wort wie jedes andere. Also kann es ja wohl auch jeder verwenden, wie er will.

profil: Was ist eigentlich der Antrieb, sein ganzes Leben lang so etwas zu produzieren wie Sie? Zuerst einmal Geld, nehme ich an. Und das ist ja auch völlig legitim. Allerdings haben Sie selbst kürzlich in einem Interview eingeräumt, dass Sie eh schon ziemlich reich sind. Also warum genießen Sie nicht einfach das Leben und überlassen das Gatschspielen jemand anderem?
Fellner: Und was soll i dann machen? Mi hinsetzen und übers Leben nachdenken?
profil: Warum nicht?
Fellner: I halt’s ja net amoi aus, mi hinzusetzen und über mein Leitartikel nachzudenken.

profil: Das ist aber schlecht. Was machen Sie denn dann?
Fellner: I schreib eam einfach.
profil: Auf einen kurzen Nenner gebracht heißt das also: Sie spielen gern im Gatsch.
Fellner: Welcher Bub tut das denn nicht?
profil: Ja, eh. Aber hätte Ihr Fest dann nicht besser „10x6“ heißen sollen?

Fellner: Fragen Sie mi jetzt bitte endlich was, worauf i antworten kann, dass „Österreich“ die beste Zeitung is und eine unglaubliche Hyper-Erfolgsgeschichte und alles?
profil: Nein. Ich erfinde hier die Fragen.
Fellner: Jetzt krieg i glei an Anfall!
profil: Stimmt, für die sind Sie ja berüchtigt.

Fellner: Wenn Sie bei mir in der Redaktion wären, dann könnten S’ Ihna jetzt Ihre Papiere holen.
profil: Wenn ich bei Ihnen in der Redaktion wäre, hätte ich keine Papiere. Weil dann wäre ich ein Kleiderständer. Oder eine Kaffeetasse.
Fellner: Is diese depperte Seite jetzt endlich voll?
profil: Fast. Ein Schlusswort vielleicht?
Fellner: „Österreich“ ist die beste Zeitung und eine unglaubliche Hyper­-Erfolgsgeschichte und alles!
profil: Jetzt hab ich endlich auch einmal etwas exklusiv.

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Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz