Rainer Nikowitz: Stimmt schon!
Weil alle so schimpfen über das nun endlich verwichene 2016: Einen Silberstreif am Horizont gab es im vergangenen Jahr ja doch. Für uns Gebeutelte in der Medienbranche nämlich. Nach langen von Krise, Schrumpfen und darob herrschender Ratlosigkeit geprägten Jahren gibt es schließlich endlich wieder einmal Zuwachsraten wie seit der Einführung des Farbfernsehens nicht mehr! Zwar nur in einem innovativen Teilbereich, aber wir wären ja blöd, wenn wir davon nicht lernen würden: Fake News, erfundene Nachrichten also, sind auch hierzulande mittlerweile der heißeste Scheiß, seit Wolfgang Fellner erstmals einer Vignette beiwohnte (wobei der sich mit Blick auf sein Geschäftsmodell sicher ohnehin fragt, was an Fake News neu sein soll).
Endlich gibt es einen dynamischen Gegenentwurf zu uns, dieser unendlich trägen Lügenpresse. Denn die findet sich halt leider mit dem sich anbahnenden gesellschaftlichen Konsens, Wahrheit zur Verhandlungsmasse zu erklären, nur sehr unzureichend zurecht. Fake News hingegen sind endlich wieder ein Produkt, das die Menschen bewegt! Der tapfere Bürgerrechtler, der mit einem Sturmgewehr in einer Pizzeria in Washington um sich schoss, weil er Opfer des dort beheimateten Kinderschänderringes rund um Hillary Clinton befreien wollte, wäre mittels dröger Lügenpresse wohl kaum zu seiner heroischen Tat zu motivieren gewesen. Und hätte Pakistans Verteidigungsminister vielleicht den Israelis auf Twitter fast den Atomkrieg erklärt, wenn er nur die „Times“ und ein gutes Buch und somit nichts von Israels vermeintlicher vorheriger Drohung gelesen hätte? Niemals! Beinahe hätten Fake News also nach der von ihnen zumindest mit verursachten Wahl eines sehr bizarren Mannes zum Präsidenten der USA zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit Weltgeschichte geschrieben. Wann ist das bitte der Lügenpresse zuletzt gelungen?
Jetzt ist aber, da gibt es nicht zu beschönigen, gerade diese Seite hier immer Lügenpresse par excellence gewesen.
In der Herstellung sind Fake News deutlich kostengünstiger, also verlegerfreundlicher als Lügenpresse. Bei der sogenannten Monetarisierbarkeit der Inhalte wäre hingegen auch auf diesem jüngsten Feld journalistischer Betätigung noch weit mehr drin, als da jetzt lukriert wird. Oft steht man sich da sicher noch selbst im Weg, das ist noch so eine schlechte alte Gewohnheit aus Lügenpresse-Hochzeiten. Was spricht denn dagegen, wenn der Herr in der Trollfabrik, der gerade dabei ist, zum Beispiel so eine Atomkriegsdrohung zu schreiben, sich mit dem Kollegen aus der Inseratenabteilung kurzschließt, damit dieser rasch einmal die Gasmasken- und Jodtablettenbranche durchruft? Die haben doch sonst eh nicht so viele Möglichkeiten, sich zielgruppennah präsentieren zu können. Oder: Man könnte natürlich, wenn man schon dabei ist, einen Sieg von Donald Trump herbeizufaken, gleich sein Erspartes in Sektoren konzentrieren, die von ihm profitieren werden. Zum Beispiel in Kunsthaar-KMUs. Oder in der Erdölbranche. Nein, okay. Erdöl ist wirklich zu weit hergeholt.
Jetzt ist aber, da gibt es nicht zu beschönigen, gerade diese Seite hier immer Lügenpresse par excellence gewesen. Da wäre die überfallsartige Umstellung auf Fake News, wiewohl ökonomisch sicherlich zu begrüßen, doch ein zu großer Schritt. Wir bleiben also bei der Wahrheit. Und wenn jetzt neben dieser Seite ein Inserat der FPÖ stehen sollte, dann ist das ein blöder Zufall. Und hat gar nichts damit zu tun, dass jetzt endlich einmal entschieden dem Eindruck entgegengetreten werden muss, Donald Trumps designierter Sicherheitsberater habe überhaupt keine FPÖ-Delegation getroffen. Er hatte nämlich eine diesbezügliche, vor Stolz fast platzende Aussendung, in der die FPÖ von ebendieser Zusammenkunft berichtete, dementieren lassen.
Stand you too close – is he too short.
Dass der Mann sich offenbar nicht erinnern kann, wer zwei Pissoirs neben ihm gestanden ist und launig rübergerufen hat: „Stand you too close – is he too short!“, ist zwar bedauerlich, aber sicher nicht die Schuld der FPÖ. Die hat nämlich mit der Teilnahme an dieser wichtigen internationalen Konferenz wieder einmal eindrucksvoll bewiesen, dass auch außenpolitisch von ihr verlässlich das Übliche zu erwarten ist, jawohl.
Wie auch bei der viel beachteten Moskau-Reise der vier FPÖ-Spitzen, angesichts derer selbst höchste russische Diplomatenkreise, die ja nun einiges gewöhnt sind, ins Schwärmen gerieten und meinten, eine derartige Gewandtheit auf dem glatten Parkett hätten sie seit Laurel, Hardy, Pat und Patachon nicht mehr erlebt. Dass die FPÖ, wie Marine Le Pen, vom Kreml mit Geld versorgt wird, stimmt hingegen natürlich nicht. Man hat sich diesbezüglich vielmehr auf Sachleistungen verständigt, Dinge des alltäglichen Gebrauchs, wie Facebook-Likes, Hackertools oder Gulag-Baupläne für die Patriotismus- und Arbeitsfreude-Erziehung.
Für nächste Woche planen wir übrigens eine stimmige Reportage über den Tag, an dem HC Strache seinen ersten Leprakranken geheilt hat. Wir müssen vorher nur noch in der Inseratenabteilung vorbeischauen.