Satire

Fünf gewinnt!

Mit der Bierpartei sind es jetzt also fünf Parteien, die gegen rechts antreten. Das kann schon aufgrund der schieren Masse eigentlich nur einen glorreichen Sieg bedeuten.

Drucken

Schriftgröße

Wien, 12.4.2025. Die Regierungsparteien biegen bei der Finalisierung des ersten in ihrem Koalitionsabkommen vorgesehenen Meilensteins langsam in die Zielgerade ein. Beobachter hatten sogar mit einer noch schnelleren Einigung spekuliert, aber Bundeskanzler Andreas Babler betonte heute, dass dreimonatige Verhandlungen bei einer dermaßen schwierigen Materie keineswegs zu viel seien. Es sei ja auch bisher noch keine Regierung vor der diffizilen Aufgabe gestanden, die 84. ASVG-Novelle verabschieden zu müssen – letztes Jahr sei schließlich erst die 83. drangewesen, eine ungleich leichtere Aufgabe also. „Aber diese Reformregierung, diese perfekte Mischung aus Herz und Hirn, sozialem Gewissen und einem St.-Pauli-Leiberl, ist nicht angetreten, um sich beim ersten Problem wegzuducken“, schmetterte der Kanzler, dessen letzte ergreifende Rede an die Nation jetzt doch schon wieder zweieinhalb Tage her ist – weshalb er diese Ausführung dann noch etwas vertiefte und nach 30 Minuten mit dem tränenerstickten Ruf endete: „Lasst uns gemeinsam unser Österreich zu etwas Besserem machen. Also zu: Traiskirchen!“

Zum konkreten Stand der Verhandlungen erwähnte Babler nur, dass für seine Partei die Erhöhung der Mehrleistungszulage für Platzanweiser ab dem zweiten Gast eine Conditio sine qua qua sei. Er könne es ja kaum glauben, dass sich die Vizekanzlerin bislang hier querlege. Aber man habe ja vorher schon gewusst, dass in der Wirtschaftspolitik Welten zwischen den Neoliberalen und der SPÖ lägen. Vizekanzlerin Beate Meinl-Reisinger reagierte am Rande des von ihrer Partei veranstalteten Symposiums „Raus aus dem Nanny-Staat – brauchen wir wirklich noch ein ASVG?“ mit einem kurzen „Ja, das stimmt. Und zwar die Fantasiewelten des Bundeskanzlers!“ Aber wenn es eine Gegenfinanzierung für den Wunsch der SPÖ gebe, dann könne man mit den NEOS reden. Die gebe es selbstverständlich, und die Vizekanzlerin wisse das auch, replizierte Babler kurz darauf: „Weil es logischerweise dieselbe ist wie bei der Grundsicherung für Bodenlose, der woamen Moizeit für Kaltduscher und dem 15. Gehalt für Teilzeit-Trendsetter – die Vermögensteuer natürlich, was denn sonst!“

Für die Grünen meldete sich die Ministerin für als Frauen gelesen werden Wollende Meri Disoski zu Wort – und zwar wie gewohnt in erster Linie lautstark. Die Grünen könnten diesem provokanten Machwerk keinesfalls zustimmen, finde sich doch schließlich in § 234 Abs. 12 lit. a) das Wort „Ausgleichszulagenbezieherin“. Und zwar ausschließlich in der weiblichen Form, ohne eine männliche in der Nähe. Damit werde in eindeutig misogyner Absicht insinuiert, dass Ausgleichszulagenbezieher:innen immer weiblich seien. Tatsächlich seien es ja leider mehrheitlich Frauen als Folge von vier Millionen Jahren Patriarchat – aber eben nicht nur. „Wenn es nicht das ASVG wäre – ich würde es glatt verbieten“, ärgerte sich Disoski. Sie versprach aber, diesen Affront nicht auf sich beruhen zu lassen und forderte, dass die Begriffe „Mörder“, „Sitzpinkler“ und „Idiot“ auch nicht mehr gegendert werden. Denn damit würden schließlich nur rechte Narrative gestützt.

Die KPÖ geißelte in einer Aussendung alle anderen Koalitionspartner als unsozial: „Denn nur wir hören uns an, was SPÖ und Grüne vorschlagen – und verlangen dann das Doppelte.“ Vor allem der Kanzler sei in Wahrheit ein Wallstreet-Wolf im Schafspelz, sei er dieser gewohnheitsmäßigen Forderung der KPÖ doch überhaupt erst ein einziges Mal nähergetreten, und zwar bei der Verdopplung der Förderung für jene bisher nicht sichtbaren Menschen, die sonst keinen Anspruch auf irgendeine Förderung haben. „Selbstverständlich wollten wir die Verdopplung dann noch einmal verdoppelt haben. Aber da war schnell Ende Gelände. So viel zu ‚Eat the rich‘. Und sein Gehalt spendet er auch nicht!“

Auch die Zustimmung des fünften Koalitionspartners, also der Bierpartei, lässt weiterhin auf sich warten. Kulturminister, Parteichef, Klubobmann, Fraktion und auch sonst Alleinunterhalter Dominik Wlazny hat sich noch nicht letztgültig entschieden, wie er zum ASVG steht, sein Parteiprogramm weist diesbezüglich auf der zweiten und letzten Seite leider eine Lücke auf. Allerdings, so Wlazny, sei bereits ein Arbeitskreis eingesetzt, der aus ihm, seinem Vater und ihm bestehe und in dem man schon noch draufkommen werde, was Sache sei und was man zu dieser Sache alles nicht zu sagen habe. Jedenfalls stehe eines fest: „Das Glas ist halb voll.“

Sollte die Beschlussfassung noch vor den Parlamentsferien gelingen, müssen sich aber nicht nur die fünf Partner der Fortschrittskoalition einigen – was angesichts der Wortmeldungen eine Formsache sein dürfte. Die größte Hürde türmt sich erst danach auf. Die Fortschrittskoalition hat ja nur für eine Minderheitsregierung gereicht – unter Duldung der ÖVP. Es bleibt also spannend!

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort