Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz Haut die Maut!

Haut die Maut!

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Den Koalitionsverhandlern in Österreich ist ihre Verantwortung durchaus bewusst. Deshalb stellen sie sich ausgesprochen umsichtig den großen Fragen unserer Zeit – und so was dauert eben. Und es ist ja auch nicht so, dass nach zwei Monaten noch gar keine Ergebnisse vorlägen: Schließlich wurde schon die Einführung der Gratiszahnspange für Jugendliche unter 18 außer Streit gestellt. Eine Maßnahme, die allein wegen ihrer ungeheuren Auswirkungen auf das Zungenkussverhalten kommender Generationen durchaus als sozialpolitisch revolutionär angesehen werden muss. Und man kann sicher sein: Da sind noch einige andere Reformkracher in der Pipeline!
Blickt man nun aber über die Grenze, zu den angeblich so gründlichen Deutschen, muss man ernüchtert konstatieren: Die sind auch nicht mehr, was sie einmal waren. Die sind nämlich schon fertig. Und dass diese grässliche Hudelei der Qualität des Koalitionspaktes zwischen CDU und SPD keineswegs förderlich war, zeigt sich vor allem am wichtigsten Punkt dieses traurigen Machwerks. Und das ist nun einmal unstrittigerweise, auch wenn der hässliche Deutsche jetzt mit allerlei Getöse über gesetzlichen Mindestlohn oder neue Möglichkeiten zur Frühpension davon abzulenken versucht, eindeutig die Einführung von Mautgebühren für ausländische Pkws. Also: für uns!

Somit spielen also in der wechselvollen Geschichte der deutsch-österreichischen Beziehungen schon wieder einmal Autobahnen eine eher zweifelhafte Rolle. Allerdings brauchen die feinen Nachbarn nicht zu glauben, dass wir sie diesmal so einfach davonkommen lassen. Nicht nur, dass Doris Bures bereits angekündigt hat, eine Klage beim Europäischen Gerichtshof einzubringen, sowie sie herausgefunden hat, wo der ist, fordern andere Politiker weitergehende Sanktionen, wie zum Beispiel eine Ausweitung der Maut für ausländische Lkws in Österreich.

Auch das kann aber selbstverständlich nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Denn uns zuerst das deutsche Eck hinzustellen, um unseren Weg in den Skiurlaub unnötig zu verkomplizieren und es dann auch noch von beamteten Raubrittern bewachen zu lassen, ist ein derartig unfreundlicher Akt, dass selbst die Langmütigsten unter den hierzulande die absolute Mehrheit bildenden Toleranten nicht umhinkommen, ein Wort in die deutsche Buchstabensuppe zu spucken: Rache!

Es bieten sich hiebei verschiedene Eskalationsstufen an. Da dem Fußball in dem an geistvolleren Zerstreuungsmöglichkeiten leider ziemlich armen Teutonien doch eine haltlos übersteigerte Bedeutung zugemessen wird, sollte man andenken, die Gebühren für die Spiele der österreichischen Bundesliga, die via Pay-TV auch in Deutschland zu sehen sind, kräftig hinaufzuschnalzen. Vielleicht könnte man die deutsche Regierung schon allein mit der Aussicht auf die sozialen Unruhen, die vor allem im fußballaffinen Arbeitermilieu des Ruhrpotts ausbrechen würden, wenn sich der brave Malocher die allwöchentlichen Leckerbissen aus Grödig, Wiener Neustadt oder Wolfsberg – die durch die Mitwirkung innovativer Wettimpresarios noch interessanter gestaltet werden – nicht mehr leisten kann und mit dem kargen Restprogramm aus Bayern und Dortmund auskommen muss, zur Vernunft bringen.

Falls diese Maßnahme nicht den erwünschten Erfolg zeitigt, ist es an der Zeit, sich die deutschen Studenten, die zu Abertausenden in unseren wohlig warmen Hort des freien Hochschulzugangs flüchten, weil sie für ein Studium in ihrer Numerus-clausus-verseuchten Heimat zu deppert sind, einmal ordentlich zur Brust zu nehmen. Denn nicht nur, dass sie die Stirn besitzen, unsere Gastfreundschaft höhnisch zu missbrauchen, indem sie bei den diversen Zugangstests regelmäßig besser abschneiden als die hoffnungsfrohen Hervorbringungen unseres exzellenten Schulsystems, bringen sie sich nach Abschluss ihres Studiums meist sofort wieder über die Grenze in Sicherheit. Das heißt: Ohne ein verpflichtendes einjähriges und selbstverständlich unbezahltes Praktikum in einem Tiroler Fremdenverkehrsbetrieb geht da nichts mehr. Dies würde natürlich zu einer Verdrängung der bereits dort tätigen Ossis führen, die es dann heimwärts zum neu eingeführten Mindeststundenlohn von 8,50 Euro zöge. Was wiederum mittelfristig griechische Verhältnisse zur Folge hätte, denn ein derartiges Preis-Leistungs-Gefälle hält selbst die stärkste Volkswirtschaft nicht aus.

Und wenn das alles nichts nützt, bleibt uns immer noch unsere Geheimwaffe. Und selbst, wenn der Einsatz unseres politischen Daisy Cutters unweigerlich auch hierzulande zu Kollateralschäden führen würde, sollte man angesichts des Ernstes der Lage nicht zögern, bis zum Äußersten zu gehen. Also sollte Maria Fekter doch Finanzministerin bleiben. Und sich bei den Gipfeln in Brüssel regelmäßig den Platz neben dem deutschen Finanzminister sichern. Weil: nicht mit uns.

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