Rainer Nikowitz
Satire

Rainer Nikowitz: High Flyers

Heute in einem Jahr. Zwei alte Weggefährten treffen einander endlich einmal wieder.

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Blümel: Basti! Gut schaust aus! 

Kurz: Darauf kann i nur sagen: völlig erwartungsgemäß!

Blümel: Mein Gott, ham wir uns lang net gsehn!

Kurz: Aber wenigstens weißt du immer no, wie man mich anzusprechen hat! 

Blümel: Tut mir leid, die Verspätung. War’s eh ka Problem mit dem Tisch?

Kurz: Na ja, an sich sind die Lunch-Slots da schon ganz streng durchgetaktet. I mein, die Hüttn is so angsagt, da nimmt sogar die Klofrau nur Bitcoins. Es war net einfach, aber weißt eh: für besondere Kunden … 

Blümel: Reservierst du da im Valley eigentlich jetzt unter Kurz – oder Short? Hehe!

Kurz: Unter „Backoffice Thiel“. 

Blümel: Ah eh.

Kurz: Des letzte Mal war vor einem halben Jahr, oder? In Hongkong. I war dort als Keynote Speaker beim chinesischen Advanced Democracy Forum. Und du wegen … wegen was noch einmal schnell? 

Blümel: Dim Sum. I hab damals zwei Tag frei ghabt zwischen Tokio und Zürich. Sushi wollt i nimmer. Und Gschnetzeltes no net. 

Kurz: Ja, diese Fliegerei … Ma is dauernd unterwegs  – und fliegt dauernd aneinander vorbei, oder? 

Blümel: New York, Luxemburg, Hongkong … I hab im letzten Jahr öfter die Datumslinie überquert als den Zebrastreifen vor meiner Wohnung. Und du?

Kurz: Wenn i net in Kalifornien bin, dann öfter in Ungarn. Polen. Dann wieder Ungarn. Oder Belarus …

Blümel: Manchmal, wenn i in der Nacht in den Himmel schau, und ein Licht flitzt wie ein Pfitschipfeil vorbei, denk ich mir eh: Ob des net der Basti is!

Kurz: Wie a Pfitschipfeil? Des … is aber dann ka Jet. Des is a Sternschnuppen. 

Blümel: Eh. 

Kurz: Du zahlst. 

Blümel: Ich hab heut von New York da her übrigens a Tornado-Warnung ghabt. Über Kentucky oder Milwaukee oder wie des Kuhdorf heißt. Wir mussten einen Umweg machen, drum bin i ja zu spät.

Kurz: Pfah! Und des heut. Wo dir schon a halbe Stund des Amuse-Gueule kosten kann. 

Blümel: Scheiß Klimawandel.     

Kurz: Aber jetzt sag einmal: Wie geht’s dir so? Familie, alles okay?

Blümel: Ja, danke. Obwohl ich schon sagen muss: Diese Doppelbelastung ist nicht ohne. Als CEO und Vater. 

Kurz: Wem sagst du das.

Blümel: Das sind für mich schon immer die intensivsten vier, fünf Tage im Monat. Und bei dir? Wie geht’s deinem Sohn?

Kurz: Dem … Ding? Dem geht’s super, danke. Stell dir vor, letztens hätt er mi beim Skypen beinahe erkannt! I war richtig gerührt.

Blümel: Man kriegt ja so viel zurück! 

Kurz: Und bei dir im Job lauft’s a? 

Blümel: Wie du immer sagst: Am wichtigsten sind die Kontakte. Und den Rest – sollen dann die andern machen. 

Kurz: Ganz genau. Wie schon in der Kurzonomics-Einführungsvorlesung gelehrt. 

Blümel: Aber ich trau mich schon auch zu sagen, dass ich abgesehen davon auch einige Innovationen vorangetrieben hab.

Kurz: Da schau her. 

Blümel: Mei Vorgänger hat so Round-Table-Gespräche erfunden, ja? Bei denen reiche, glückliche Menschen darüber reden, wie es ist, reich und glücklich zu sein. Und dabei schauen ihnen online Tausende Neukunden zu, die gerade erstmalig vom Bausparer abgefallen sind.

Kurz: Gute Idee.

Blümel: Aber: Das Bessere is ja bekanntlich der Feind des Guten. Also hab i da eine Neuerung durchgsetzt: Des Ganze heißt jetzt nimmer „Round Table“ sondern: „Rendite Table“!

Kurz: Aha. Round-it … Abrundungstisch? Oder auf? Um?

Blümel: Was? Nein! Rendite! 

Kurz: Ah! Eine Aussprach wie unter Lebenslänglichen. Rendite. 

Blümel: Des is mir selber eingfallen. 

Kurz: Daran hätt ich jetzt sowieso keine Sekunde lang gezweifelt.

Blümel: Charmeur!

Kurz: Von Hauptberuf! Einer muss es ja machen. Sagt der Peter auch immer. 

Blümel: Und? Hast des ghört vom Tommy?

Kurz: Welchem Tommy?

Blümel: Na, welchen schon. Dem Schmid Tommy. 

Kurz: Wie oft hab i dir des jetzt scho gsagt? In der Ranglisten von den Leuten, von denen i unter Garantie nie wieder irgendwas hören will, liegt der uneinholbar auf Platz eins.

Blümel: I glaub, des wirst schon hören wollen. Der hat jetzt nämlich a endlich wieder an neuen Job. Und weißt, wo er gelandet is? Bei Meta! 

Kurz: Was, beim Zuckerberg? Bei mir da um die Ecken? Des derf ja net wahr sein! Als was bitte? 

Blümel: Head of Responsible-Data-Management. Für WhatsApp und Insta. 

Kurz: Wer, wenn net er!  

Blümel: Stell dir vor, der rennt dir da zufällig einmal übern Weg. Jetzt beim Lunch oder was. 

Kurz: De täten des in dem Lokal gar net gern sehen.

Blümel: Wieso net?

Kurz: Weil’s dann vegan gwesen is. 

Blümel: Aber, ehrlich jetzt: Hamma’s uns verschlechtert? War’s a  Verlustgschäft?

Kurz: Nur für Österreich. 

Blümel: Dass ma weg san – oder dass ma da waren? 

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz