Rainer Nikowitz: Kabinettigkeiten
Dass Sebastian Kurz Bundeskanzler wird, ist natürlich die Personalie mit dem geringsten Überraschungswert. Eine Richtlinienkompetenz hat der österreichische Regierungschef zwar bekanntlich nicht, aber Kurz braucht dennoch kein eigenes Ressort. Er ist ja zuständig für die Herzen aller, und das ist eh schon eine Sisyphos-Aufgabe, frage nicht. Wesentlich kleiner wird auch die von Werner Kogler nicht werden, auch er wird sich neben dem Job des Vizekanzlers nur ein kleines Ressort antun, vermutlich die Beamten. Die will zwar nie einer haben, aber abgesehen davon, dass man sich bei den jährlichen Gehaltsverhandlungsmarathons einen harten Hintern holt, machen sie eigentlich wenig Dreck und sind nicht so betreuungsintensiv. Aber Kogler wird ja in erster Linie darauf schauen müssen, dass er die Themen beackert, die vielen in seiner eigenen Partei am wichtigsten sind, und sich also vor allem um unter allen Nägeln brennende Dinge wie Manspreading und -splaining kümmern.
Lange gefeilscht wurde um das Finanzministerium, beim Geld laufen schließlich alle Fäden zusammen. Klarerweise konnte die ÖVP dieses Schlüsselressort nicht den Grünen überlassen, denn die glauben ja bekanntlich analog zum Strom, der aus der Steckdose kommt, dass das Geld am Baum wächst. Innerhalb der ÖVP konnte sich schließlich Ernst Strasser knapp gegen Josef Martinz durchsetzen – denn die wissen ja wohl beide, wo die Marie zu holen ist. Die Grünen bekommen aber wenigstens eine Staatssekretärin, es wird keine Geringere als Eva Glawischnig sein. Auch, damit eine gewisse Kontinuität hinsichtlich des Einflusses von Novomatic in der Regierung gegeben ist. Es kann ja nicht angehen, dass diese segensreiche Nähe mit Karl-Heinz Grasser endete.
Natürlich hätte jeder erwartet, dass das Umweltministerium an die Grünen geht – aber die neue Koalition legt sehr viel Wert darauf, unkonventionelle Wege zu gehen. Also übernimmt – wie könnte es anders sein? – Harald Mahrer diesen Job. Auch, weil er so aufpassen kann, dass die Klimazwangsideologie der Wirtschaft keinen Schaden zufügt (im dortigen Ministerium sitzt übrigens Janine Wulz). Nebenbei wird Mahrer auch noch Kulturminister, ein bissl ein wirtschaftlicherer Zugang kann gerade dort schließlich keineswegs schaden, man muss endlich einmal auch auf die Monetarisierbarkeit von Experimentalfilmen oder konkreter Lyrik schauen. Fraglich scheint allerdings, wie viel Zeit Mahrer dann noch für seine Aufgaben als Staatssekretär im Innen-, Außen- und Verteidigungsministerium bleibt. Und auch im Landwirtschaftsministerium wird er mitarbeiten, als rechte Hand von Minister Martin Balluch, der von der Liste Pilz abgeworben wurde und dessen Amtsantritt vor allem von Österreichs Schweine- und Rinderbauern schon sehnlichst erwartet wird. Nur so viel: In Zukunft wird die Kuh vorher gefragt werden müssen, ob man beim Melken einfach so ihre private parts angreifen darf. Und statt aufs Schlachten wird eher auf natürlichen Tod gesetzt.
Außenminister wird Gernot Blümel, weil irgendwas muss er ja auch tun.
Gemäß der hier schon deutlich erkennbaren Logik der Unorthodoxie, mit der Türkis-Grün ans Werk geht, steht auch das Verteidigungsministerium den Grünen zu. Da wird es aber nun wirklich schwierig: Niemand aus ihren Reihen wollte sich das antun. Da es aber dennoch der erklärte Wunsch der Basis war, das Ressort mit einem Pazifisten zu besetzen, bei dessen Anblick jeder General freiwillig in die innere Emigration geht, fiel die Wahl auf Norbert Darabos – der hat das schließlich schon einmal geschafft. Außerdem werden die Eurofighter langsam ein bisschen alt. Vielleicht kann Norbert einen günstigen Entsorgungsvertrag aushandeln, er ist da ja an sich sehr geschickt.
Beim Frauenministerium wiederum muss man die ÖVP für ihre Selbstlosigkeit loben, wäre jenes doch aufgrund der Ressortverteilung den Türkisen zugestanden. Kanzler Kurz entschied sich aber für einen parteifreien Experten. Und zwar für jenen, der immerhin darauf verweisen kann, unbestritten der beste männliche Frauenminister aller Zeiten gewesen zu sein: Herbert Haupt. Sigi Maurer freut sich schon total auf den sicherlich gewinnbringenden Meinungsaustausch.
Außenminister wird Gernot Blümel, weil irgendwas muss er ja auch tun. Einen anderen Grund gibt es nicht. Damit ist eigentlich nur noch das Innenministerium offen, die heißeste Kartoffel in der Ressortaufteilung. Schließlich war es zuvor in Geiselhaft eines aggressiven Extremisten, hat jetzt möglicherweise das Stockholm-Syndrom und muss erst wieder vorsichtig resozialisiert werden. Die ÖVP hätte es gern zurück, die Grünen sind nicht so überzeugt, dass das eine blendende Idee ist – aber daran wird die Koalition hoffentlich nicht scheitern. Denn auch dieses Problem ist am ehesten mit einem Experten zu lösen. Major Kottan wäre sicher nicht abgeneigt.