Satire

Mir wern kan Richter brauchen!

Sebastian Kurz wurde zum Opfer falscher Politjustiz. Also muss jetzt endlich die richtige her.

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Der Blümel war immer schon ein Lustiger gewesen. Zumindest insofern hatte ihn die Öffentlichkeit ja durchaus richtig eingeschätzt. Und jetzt sagte er nach dem Schandurteil und zwischen zwei Gin Tonic so launig dahin: „Freu dich doch, Basti! Wenigstens musst du nicht 400 Mille blechen wie der Trump!“

Wenn es nicht die Gründungssitzung der ÖVP-Justizreformkommission vulgo Sebastian-Kurz-Verteidigungsliga gewesen wäre; wenn Befangenheitsexperte Christian Stocker nicht gerade seinem anderen Herrn dienen hätte müssen (also dem, der verzweifelt irgendwie Kanzler bleiben wollte) und darob heute nicht unabkömmlich gewesen wäre; wenn dadurch ansonsten nicht nur die Köstinger Elli anwesend gewesen wäre, die aber kaum von ihrer spannenden Stickerei-Arbeit – es war die Burg Hochosterwitz im Wandel der Jahreszeiten – aufsah; und wenn der Basti schließlich nicht aufgrund seines kürzlich verlorenen Glaubens in die Menschheit nicht auch körperlich dermaßen geschwächt gewesen wäre – dann hätte dem Gernot für diese unsensible Meldung ja eigentlich eine Verkehrte gehört. So aber verzog der Altkanzler bloß den Mund zu einem fast schmerzhaft bitteren Lächeln. Ein anderes brachte er leider seit Monaten nicht mehr zusammen. Das würde auf Dauer unter Garantie Spuren in seinem immer noch so jugendlichen Lausbubengesicht hinterlassen und seinen Schwiegermutter-Impact mittelschwer beeinträchtigen. Und dann würde sein Lächeln erst recht noch bitterer werden. Eine teuflische Spirale!

Nein, das mit dem Donald war natürlich kein Trost, nicht im Geringsten. Was sollte einem wie Basti, der eben unschuldig dem geifernden Lynchmob vorgeworfen worden war, die ebenso ungerechtfertigte Entehrung eines anderen – wiewohl auch Großen – helfen? Außerdem hatten sie dem Trump, abgesehen von den paar Mille Strafe, die er aus der Portokasse zahlte, ja überhaupt gar nicht schlimmer mitgespielt als ihm. Schließlich war Basti ja von einem Polit-Comeback im Moment leider doch ein Stück weit entfernt, da mochten noch so große Teile der Bevölkerung erwiesenermaßen fast schon flehentlich darum betteln. Trump hingegen war gerade drauf und dran, wieder Präsident zu werden – obwohl sie dem sogar einen Putsch vorwarfen! Es war eigentlich fast ein Wunder, dass sie sich wenigstens das bei Basti verkniffen hatten. Bis jetzt. Aber was nicht war, konnte ja noch kommen, was wusste man schon bei dieser entmenschten linken Gesinnungsjustiz.

Und ehrlich gesagt: Nicht, dass Sebastian im Moment nicht durchaus ein wenig Lust verspürt hätte, ein paar Indizien für einen mehr als begründeten Putschverdacht zu liefern. Wobei er das selbstredend um einiges geschickter anlegen würde als Trump. Nicht zuletzt deshalb saßen sie ja heute hier. Er und alle seine früheren Masterminds. Also, fast alle.

„Fang ma on, ha?“, sagte die Elli jetzt fröhlich, weil sie gerade mit dem Herbst fertig geworden war, also Kapazität frei hatte. „Kimmt eh kana mehr, oder?“

Nun, ganz so war es zum Glück nicht. Denn tatsächlich erwartete Basti noch jemanden. Einen neuen Unterstützer, der sich erst jüngst völlig überraschend an seine Seite gestellt hatte – und mit dem er ehrlich gesagt niemals gerechnet hätte. Schließlich hatte es zwischen ihnen früher ein paar dumme … nun ja, Missverständnisse gegeben, die dann leider niemals so richtig ausgeräumt worden waren. Umso erstaunlicher, dass der andere, mit durchaus staatsmännisch zu bewertender Größe, jetzt über seinen Schatten gesprungen war und über Bastis Schandurteil fast wortgleich dasselbe gesagt hatte wie Basti selbst. Was für ein ungeheurer Aufwand da getrieben worden wäre wegen so einer Lappalie. Und dann am Ende auch noch mit so einem harten Urteil, der Teichtmeister habe ja kaum weniger gekriegt – und da sei es ja wohl nicht nur um Wortklauberei gegangen. Man müsse sich schon fragen, was das alles solle …

Basti lächelte wieder, diesmal schon weniger bitter. Sie hatten eben doch mehr gemeinsam, als sie sich manchmal selbst eingestehen wollten. Und selbstverständlich wussten sie beide, dass eine effiziente Regierungsarbeit von einer klaglos funktionierenden Politjustiz unterstützt werden musste – und eben nicht von so einer völlig missverstandenen, die sich gerade an dem armen Basti ausgetobt hatte! Sondern von einer von vornherein verlässlich richtigen.

Basti hatte auch eines der bekanntesten Zitate seines neuen alten Freundes immer sehr gut gefunden, auch wenn er es damals nicht laut sagen hatte dürfen. Dabei wäre es eines wirklich großen konservativen Vordenkers würdig gewesen, eines Staatsmannes wie Adenauer oder Churchill. Es lautete natürlich: „Das Recht hat der Politik zu folgen!“

Es klopfte. Dann öffnete sich die Tür ihres klandestinen wertkonservativen Fort Alamo einen Spalt. Herbert Kickl schob seinen Kopf hindurch und fragte: „Bin i da richtig?“

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz