Rainer Nikowitz: Weil’s wahr ist!
profil: Herr Präsident, Sie haben gesagt, dass Sie sich eine Aufhebung der Wahrheitspflicht in Untersuchungsausschüssen vorstellen könnten.
Sobotka: Das habe ich nicht gesagt.
profil: Doch.
Sobotka: Niemals.
profil: In einem Interview.
Sobotka: Papier ist geduldig.
profil: Es war im Fernsehen. Man konnte Sie sehen und hören.
Sobotka: Ich habe ein ziemliches Allerweltsgesicht. Könnte jeder gewesen sein.
profil: Wenn das nicht Sie waren – dann sind Sie also gar nicht dafür, dass Politiker ungestraft lügen dürfen?
Sobotka: Ich würde niemals sagen, dass Politiker ungestraft lügen dürfen. Ich sage nur, dass Politiker nie nicht niemals lügen dürfen nicht müssen.
profil: Äh … ja.
Sobotka: Das wird man doch noch sagen dürfen!
profil: Aber sicher. In Österreich darf man als Politiker viel sagen.
Sobotka: Das stimmt nicht. Ich könnte zum Beispiel niemals behaupten, dass das, was man über mich sagt, wahr ist.
profil: Weil’s wahr ist.
Sobotka: Genau das ist das Problem.
profil: Aber vielleicht wäre das ja sogar ein Vorteil. Weil es viele dann nicht mehr glauben werden, wenn Sie es sagen.
Sobotka: Diese Anspielung verletzt jetzt aber wirklich die Würde des Amtes, das ich bekleide.
profil: Warum gewinnt man generell den Eindruck, dass unter der ÖVP die politischen Sitten völlig verrohen? Ohne Not.
Sobotka: Das ist nicht richtig.
profil: Hätte mich gewundert. Warum diesmal nicht?
Sobotka: Nicht ohne Not.