Satire

Wir sterben aus!

Und zwar nicht wegen des Klimawandels. Sondern weil es für all diese tollen jungen Frauen der Generation Z am Datingmarkt einfach kein Angebot gibt.

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Die Medienberichterstattung rund um den Frauentag war wie jedes Jahr auch heuer wieder voller Markerschütterungen. Das Patriarchat ist nun einmal leider ein Krake mit unendlich vielen Armen – und dauernd lernt man mit Schaudern neue kennen. Immer öfter auch in Gegenden, wo man sie nie vermutet hätte.

Am meisten betroffen gemacht hat mich eindeutig ein Artikel im „Standard“. Weil der nämlich für die Zukunft leider gar nichts Gutes verheißt. Denn bei unserem prächtigen Nachwuchs, also der ansonsten in nahezu jeder Hinsicht so dermaßen vielversprechenden Generation Z, tut sich offenbar langsam ein Problem auf, das bei genauer Betrachtung von einigermaßen existenzieller Bedeutung ist, ja durchaus einer tickenden Zeitbombe gleichkommt. Und um den Finger in eben diese Wunde zu legen, wählten vier unerschrockene Reporterinnen des „Standard“ den harten Weg der teilnehmenden Reportage. Also in der Art des sehr alten weißen Mannes Günter Wallraff, der sich einst als türkischer Gastarbeiter ausgab, um Missstände bei deutschen Firmen aufzudecken (übrigens ein schlimmer Fall von Cultural Appropriation und rassistischem Schnauzbarting, wenn Sie mich fragen; da sollte wirklich mal wer was twittern!). Aber das waren damals analoge Zeiten, heutzutage geht man ja im Journalismus eher digital dorthin, wo’s wehtut. Und also im Fall des „Standard“ auf die harte Suche nach der Antwort auf die Frage: „Was passiert, wenn man auf Dating-Apps mit jungen Männern über Feminismus spricht?“ Nun ja. Es mag sein, dass das Ergebnis nicht jeden so furchtbar überrascht. Wie könnte man es schonend zusammenfassen? Vielleicht so: Die gute Nachricht ist – wir werden nicht wegen des Klimawandels aussterben. Der ist viel zu langsam.

Frauen links, Männer rechts. So wird das nichts.
 

Denn die jungen Damen und Herren kommen bei diesem Thema einfach überhaupt nicht zusammen. Finden die Damen. Ergebnis: keine Dates, aber bitte sicher nicht. Die Florians, Moritze, Eliasse und Yanisse, die tumb in die vom „Standard“ ausgelegte Venusfalle tappten, gaben teils erschreckende Dinge von sich. Zum Beispiel: In Österreich sei Gleichberechtigung eh schon erreicht. Oder dass das mit dem Gender Pay Gap gar nicht so stimme. Einer hat Judith Butler mit Jil Sander verwechselt. Nein, das habe ich jetzt erfunden – aber es waren trotzdem lauter arge Sachen, echt! Und das Erschreckende ist, dass das wahre Problem ja noch viel tiefer liegt. Denn schon im Vorjahr, so der „Standard“, habe sich eine junge Kolumnistin von „Die Chefredaktion“ darüber beschwert, dass die Partnersuche aufgrund divergierender politischer Ansichten immer komplexer werde. „Ich habe das Gefühl, die Werte meines weiblichen Umfelds haben nichts mit den Werten meiner männlichen Dating-Partner gemeinsam. Als würden wir auf unterschiedlichen Planeten leben, dabei gehören wir derselben Generation an.“ Und die Autorinnen müssen schlussendlich auch ernüchternd konstatieren: „Während junge Frauen eher links wählen, driften junge Männer offenbar immer weiter nach rechts ab.“

Das ist fürwahr ein niederschmetternder Befund. Die Jugend ist in verschiedenen Fahrspuren unterwegs, die armen Kinder kommen nicht mehr zusammen, da muss sich etwas ändern. Also, die jungen Männer müssen sich dringend ändern. Ich meine: Lauter tolle, aufgeweckte, grundsympathische, kein bisschen eingebildete junge Frauen – und niemand da, der ihrer würdig wäre? Das kann es doch nicht sein. Wohin soll das bloß führen? Was heißt das für die Gesellschaft? Brauchen wir jetzt auch bald getrennte Busse? Wer soll einmal die Pensionen der Generation Z bezahlen? Und noch viel wichtiger: Wer die Boomer pflegen?

Und wie müssen sich all diese armen Frauen fühlen? Das muss doch einfach schrecklich sein, wenn man so ganz allein als unverrückbarer Fels haargenau am richtigen Platz steht – und dann das Abdriften des weniger solid verankerten männlichen Treibguts in die falsche Richtung mitansehen muss.

Denn dass es die Jungmänner sind, die nach rechts abbiegen und nicht etwa die Frauen nach links, darüber besteht ja wohl hoffentlich kein Zweifel. Gewisse empirische, also in der Genderforschung meist umstrittene Hinweise, wie im konkreten Fall zum Beispiel Wahlergebnisse und Umfragen, könnten zwar darauf hindeuten, dass viele der Ideen des linken Teils der Generation Z außerhalb des linken Teils der Generation Z vorsichtig ausgedrückt generell nicht den größten aller Widerhälle erzeugen. Aber das liegt in Wahrheit natürlich nur daran, dass halt bedauerlicherweise mehr oder minder alle nach rechts abdriften. Außer all diese wunderbaren, starken und, wenn denn der politische Kampf dieses persönliche Opfer von ihnen verlangt, leider auch einsamen jungen Frauen.

Du solltest dich was schämen, Elias. Und du erst, Yanis.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz