Satire

Links-Rechts-Kombination

Zwischen Renaturierung und Refundierung – was Österreich letzte Woche so bewegt hat.

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Das haben wir jetzt echt noch gebraucht. Als ob unsere frühere Insel der Seligen nicht ohnehin schon genug geplagt wäre – droht uns jetzt auch noch eine schreckliche Hungersnot! Die ÖVP als verantwortungsvollste Regierungspartei der letzten 37 Jahre hat zwar natürlich alles getan, um diesen Rückfall in düsterste Zeiten zu verhindern, allein: Leonore Gewessler war in ihrem Amoklauf gegen die Ernährungssicherheit von unschuldigen Babys und schwachen Alten leider nicht zu stoppen – und hat einfach dem EU-Renaturierungsgesetz zugestimmt! Also dem schlimmsten Anschlag auf die vor allem psychische Gesundheit der heimischen Bauern seit der Erhöhung des Stundenlohns für ihre ausländischen Erntesklaven auf: zweistellig! Brutto!!

Das Wissen um die grauenhaften Folgen der ruchlosen Tat Gewesslers ist aber leider in der Bevölkerung noch viel zu wenig verbreitet. Eigentlich besitzt es sogar die ÖVP ganz exklusiv – wie Umfragen zeigen, denen zufolge schockierende 80 Prozent der ahnungslosen Österreicher so eine Renaturierung ziemlich gut finden. Diese Menschen sind aber halt ganz im Gegensatz zu unseren stets am Pulsschlag der Zeit befindlichen Landwirten nicht fähig, auch nur einen Millimeter über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Und sich etwa darüber Gedanken zu machen, wie ein ohnehin schon chronisch hohlwangiger Furchenzieher im Marchfeld mit sagen wir 300 Hektar bitte überleben soll, wenn er sich jetzt auf einmal auch noch um neumodernes Zeug wie Bodengesundheit, Wasserhaushalt oder gar Bienensterben kümmern muss. Wer zur Hölle braucht Bienen? Die Bauern jedenfalls sicher nicht.

Es wird jetzt an Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig liegen, dem Land klarzumachen, wie drastisch ein renaturierter Bach oder ein schmaler Blühstreifen am Wegesrand nicht nur die Massenverelendung des einstmals so stolzen Furchenadels vorantreibt, sondern eben auch durch den drohenden Verlust einer Kommastelle vormals urbaren Landes an die unkontrollierte Wildnis die Nahrungsmittelversorgung des Landes gefährden wird. Und man kann sich wahrlich niemanden vorstellen, der besser dazu geeignet wäre.

Die zweitaufregendste Nachricht der verwichenen Woche war die vieler-, wenn nicht sogar mancherorts fieberhaft herbeigesehnte Entscheidung, in welcher Form sich die leidgeprüfte Marlene Engelhorn endlich von ihrem schweren Erbe befreien kann. Der diesbezüglich über Monate sorgsam aufgeschüttete Berg kreißte und kreißte – und gebar schlussendlich zum Glück völlig erwartungsgemäß keineswegs nur drollige linke Mäuslein. Frau Engelhorn verband ja ihren Helicopter-Money-Rundflug lautstark mit der Forderung, der Staat möge sie und andere erbende Raubritter doch endlich drastisch besteuern – und die tolle Auswahl der von ihr Bedachten verleiht ihrem Wunsch gleich noch viel mehr Gewicht.

Zu den größten Nutznießern zählte da einmal das Momentum-Institut, dem Vernehmen nach ein linker Thinktank. Zumindest eine dieser beiden Zuschreibungen wird schon stimmen. Diese Entscheidung ist natürlich sehr löblich, schont sie doch zum einen den Geldbeutel der mit der SPÖ nichts zu tun habenden Gewerkschaft, die sich bei Errichtung des Momentum-Instituts dachte: „Thinktank‘“ klingt ja eigentlich viel cooler als „Pressestelle“! Und zum anderen ist es ja auch thematisch sehr breit aufgestellt, beackert es doch quasi im Stundentakt so unterschiedliche Felder wie „Wieso niemand einen Erben als Nachbarn will“ über „Vermögensteuerzahler haben eine um 46 Prozent reinere Haut“ bis hin zu „Neue Statistik beweist: Ohne Erbschaftssteuer müssen wir alle sterben!“

Auch die Engelhornsche Großspende an Attac, eine Organisation, der es immer wieder mühelos gelingt, zwei auf den ersten Blick völlig konträre Fachgebiete wie Ökonomie und Voodoo überzeugend miteinander kurzzuschließen, überzeugt. Und erst recht jene an die Stiftung von Sebastian und Veronika Bohrn Mena – wobei sich hier echt die Frage stellt, wie man bloß auf die beiden gekommen ist. Wo sie sich ja praktisch nie ins Licht der Öffentlichkeit drängen. Aber bei den beiden kann man sich wenigstens wirklich sicher sein, dass das Geld in sehr festen Händen ist.

Ich für meinen Teil bin jedenfalls spätestens jetzt restlos überzeugt. Sollte ich mich also gegen Ende meines Lebens als dermaßen asozial erweisen, überhaupt etwas vererben zu können, dann kriegen es sicher nicht meine wohlstandsverwahrlosten Unterdrückerkapitalistenschweinfratzen. Sondern natürlich: Andi Babler. Weil wer, wenn nicht er, weiß denn sonst haargenau, wie damit eine höhere Gerechtigkeit herzustellen ist? Außerdem kann er ja Frau Engelhorn um guten Rat fragen, die ist da auch total wissend.

Alternativ könnte ich mir zugegebenermaßen allerdings auch vorstellen, knapp vor meinem Abtritt einen geräumigen Kugelgrill mit meiner gesamten Barschaft zu befüllen – und damit feierlich die letzte Käsekrainer meines Lebens zu braten. Eine vegane selbstverständlich. Ich bin ja nicht von Grund auf schlecht.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort