Satire

Zukunftsmusik

Überall Krise – und kein Ende? Wir müssen nicht verzagen – denn zwei entscheidende Neuerungen sind in Sicht. Und mit denen wird sicher alles gut.

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Die Welt leidet an der Multikrise. Nach Finanzcrash und Corona kämpfen wir jetzt mit dem Klima, der Inflation, dem Krieg. Und kein Ende in Sicht. Man könnte angesichts dessen durchaus verständlicherweise in die innere Emigration gehen oder in Depressionsbehandlung oder in beides. Man könnte sich aber auch einen Ruck geben und inmitten dieses ganzen Pessimismus, der unsere Gesellschaft erfasst hat, einen Gegenpol bilden – und einmal positiv in die Zukunft schauen. Ja, die Dinge wirken zugegeben auf den ersten Blick nicht allzu rosig. Aber wer weiß, möglicherweise gibt es ja in ein, zwei Jahren ein, zwei Neuerungen, deren Einfluss auf die Krisenbekämpfung wir jetzt noch gar nicht richtig abzuschätzen vermögen. Werfen wir doch einmal einen Blick in einen Juni 2025, wie er durchaus auch sein könnte. Achtung, Rosa-Brillen-Alarm!

US-Präsident Donald Trump verlautbarte heute bei einem Press Briefing zwischen dem achten und neunten Loch in seinem Golfclub in Florida – Trump hatte die Verlegung seines Amtssitzes vom Weißen Haus nach Mar-a-Lago ja zuletzt gewohnt launig damit begründet, dass es seine Geheimakten jetzt nicht mehr so weit aufs Gästeklo hätten –, er habe eben vor dem letzten Abschlag am roten Handy einen Deal mit seinem dear friend Wladimir gemacht. Die USA bekämen demzufolge ab sofort Nachlässe bei den russischen Zöllen für Tennessee Whiskey, Silikon-Brust-Implantate und Zahnseide. Trump sprach vom „besten Tag für die amerikanische Wirtschaft seit der Boston Tea Party“.

Der Deal sei auch deshalb so umwerfend, weil durch sein, Trumps, bekanntes Verhandlungsgeschick praktisch keinerlei Gegenleistung notwendig sei. Er habe Putin lediglich zusichern müssen, keine Einwände gegenüber Russlands jüngst aufgekeimten Wünschen betreffend einer weiteren Horizonterweiterung nach der nunmehr auch durch Trumps Zutun glücklich beendeten Spezialoperation in der ehemaligen Ukraine zu haben.

Kanzler Kickl betonte, er mische sich nicht in innerrussische Angelegenheiten ein, egal ob in Wladiwostok oder Riga.

„Horizont ist gut“, analysierte Trump hiezu. „Ich habe selbst einen enormen. Wahrscheinlich sogar überhaupt den längsten.“ Das mit dem Baltikum sei ihm egal, er habe das bislang ohnehin für dieses Kraut gehalten, das man zu Mozzarella und Tomaten bekomme. Tall Inn habe er bisher auch nur einen gekannt, den in Aspen, Ecke Redwood Drive und Cliff  Hill.

Und wenn man seine ganz ehrliche Meinung wissen wolle: Baltikumisch klinge doch ohnehin genauso wie Russisch. Er habe das selbst überprüft, und zwar auf YouTube bei einem Baltikumer, der über den Schnittkalender des Kirschlorbeers gesprochen habe. Worüber also die ganze Aufregung? Wenn die Baltikumer ordentlich in die NATO einbezahlt hätten, dann hätte man diskutieren können. Aber so waren sie einfach ein bad deal. Kein Vergleich zu Silikon und Zahnseide. Aber eines sei klar, machte Trump vor dem Griff zum Putter unmissverständlich klar: „Für Polen und wie auch immer der ganze Rest heißt, wird er schon mehr auf den Tisch legen müssen. Aber er weiß jetzt ja, wie hart ich sein kann.“  

In Österreich erklärte Bundeskanzler Herbert Kickl am Rande des von ihm initiierten Klimagipfels „Lieber Heißzeit als Eiszeit! Warum wir ein paar läppische Grad mehr als Chance sehen sollten“, auf diese neuen Entwicklungen angesprochen, er denke als unbedingter Verfechter einer auf keinem Auge blinden österreichischen Neutralität gar nicht daran, sich irgendwie in innerstaatliche russische Angelegenheiten einzumischen. Egal ob sich diese nun in Wladiwostok oder Riga zutrügen. Er finde es aber jedenfalls sehr erfreulich, dass es mit Donald Trump nun endlich einen verantwortungsvollen US-Präsidenten gebe, der nicht mehr auf den für den Frieden in Europa so schädlichen NATO-Expansionskurs setze.

Aber ihn, Kickl, interessiere diese Außenpolitik, die ja doch weit weg passiere, im Moment ohnehin weniger, er habe sich ja als Volkskanzler zuvorderst um österreichische Angelegenheiten zu kümmern – also um die Senkung der Inflation. Und hier gebe es einen entscheidenden Durchbruch zu vermelden, die Rate sei auf 20,2 Prozent gesunken, den nur mehr zweithöchsten Wert seiner Kanzlerschaft. Es zeige sich, dass der freiheitliche Weg in der Inflationsbekämpfung durch a) einen staatlichen Preisdeckel bei Rasenmähertraktoren und Kampfhundewürgehalsbändern, b) Verhinderung eines preistreibenden Engpasses bei Kichererbsen und Okraschoten durch präventive Kundenminimierung mittels Asyl-Pushbacks an der ungarischen Grenze, c) Dämpfung des Nachfrageüberhangs im Fremdenverkehr mittels Einführung einer Deutschpflicht für Touristen und schließlich d) Arschkriechereinkaufspreise bei russischem Gas der absolut richtige Weg sei.

Und all diese Erfolge hätten sich schon nach so unglaublich kurzer Zeit seiner Kanzlerschaft eingestellt! „Das war aber noch gar nichts. Ich habe noch vier Jahre“, lachte ein gut gelaunter Kickl, um dann schelmisch hinzuzufügen: „Vor den nächsten fünf.“

 

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz