Landtagswahl 2024

Korruption? Egal. Die Steiermark ist blau

Die Steiermark schreibt Geschichte: Mit 35,6 Prozent erzielt die FPÖ ihr bestes Ergebnis im Bundesland. ÖVP und SPÖ stürzen auf ein historisches Tief ab. Mario Kunasek drängt nun auf den Posten des Landeshauptmanns.

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Es ist eingetreten, was die einen befürchtet und die anderen herbeigesehnt haben: Die FPÖ triumphiert bei der steirischen Landtagswahl und erzielt mit 35 Prozent ein historisches Rekordergebnis. Der blaue Spitzenkandidat Mario Kunasek steht vor dem nächsten Meilenstein, er will der erste freiheitliche Landeshauptmann des Bundeslandes werden, das jahrzehntelang  – bis auf eine Unterbrechung durch die SPÖ – als uneinnehmbare Hochburg der ÖVP galt.

Woanders schreibt man ebenfalls Geschichte: und zwar bei der ÖVP. Die Volkspartei verliert fast zweistellig, stürzt mit rund 26 Prozent auf ein historisches Tief ab und unterschreitet damit ihr schlechtestes Ergebnis aus dem Jahr 2015 (28,45 Prozent). Für Landeshauptmann Christopher Drexler bedeutet die Niederlage Machtverlust und einen bitteren Einschnitt in die Geschichte seiner Partei. Die steirische ÖVP, einst unangefochten, steht nun vor der Frage, wie sie sich von diesem Schlag erholen will – und ob sie überhaupt eine Antwort darauf hat.

Auch die SPÖ verliert, landet auf Platz 3 und erzielt mit rund 21 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei der Landtagswahl. Dahinter reihen sich die Grünen, die sich auf rund 6 Prozent halbieren, und die KPÖ mit 4,3 Prozent (-1,6 Prozent) ein. Die NEOS schaffen mit knapp 6 Prozent zwar ein leichtes Plus, bleiben aber im unteren einstelligen Bereich. Am Einzug in den Landtag gescheitert sind hingegen die Impfgegner-Parteien DNA und MFG sowie der KFG, der korruptionsfreie Gemeinderats Club Graz, eine Abspaltung der FPÖ, angeführt vom Ex-Bezirksrat Alexis Pascuttini und der früheren Gemeinderätin Claudia Schönbacher (beide ehemals FPÖ).

Finanzskandal? Kein Thema

Feststeht, die FPÖ hat nicht nur gewonnen, sie hat gezeigt, dass Skandale und Korruptionsvorwürfe ihr nichts anhaben können. Weder der Grazer Finanzskandal noch die Ermittlungen wegen Veruntreuung, die auch Klubchef Mario Kunasek betreffen, konnten den Freiheitlichen schaden. Stattdessen läuft der Protestmotor der FPÖ stärker denn je, angetrieben durch Unzufriedenheit, Misstrauen gegenüber den Regierungsparteien und durch ihre bewusst inszenierte Opferrolle.

Dass die Konkurrenz im Wahlkampf einen großen Bogen um unangenehme Fragen gemacht hat, hat diesen Motor nur weiter angetrieben. In der letzten Elefantenrunde von „Krone“ und „Puls 24“ philosophierte Drexler mit Kunasek lieber über ihre gemeinsame Leidenschaft zu Oldtimern, als Korruptionsvorwürfe oder Finanzskandale zur Sprache zu bringen. Schon die erste Hochrechnung zeigte, der erwartete Dreikampf blieb aus, vielmehr ebneten schwarz und rot durch ihr Schweigen den Blauen den Weg zum Sieg.

Kommt die Anti-Kunasek-Koalition?

Ob das auch bedeutet, dass Mario Kunasek der erste FPÖ-Landeshauptmann in der Steiermark wird, bleibt aber abzuwarten. Eine mögliche Koalition aus ÖVP, SPÖ und einem dritten Partner könnte ihm noch die Tür zur Grazer Burg im letzten Moment vor der Nase zuschlagen – ähnlich wie auf Bundesebene. Eine Anti-Kunasek-Koalition zu schmieden wäre nicht ohne Risiko: Die Tatsache, dass die FPÖ und Parteiobmann Herbert Kickl im Bund nicht den Regierungsauftrag bekamen, heizte den Protest nur weiter an.

Zudem haben die letzten Wochen gezeigt, sowohl Schwarz als auch Rot sind koalitionsbereit. Drexler selbst hatte im Wahlkampf wiederholt betont, dass der Regierungsbildungsauftrag beim Wahlsieger liege, und den Ausschluss der FPÖ im Bund scharf kritisiert. Auch SPÖ-Chef Anton Lang wollte die FPÖ, ganz im Gegensatz zur Linie der Bundes-SPÖ, dezidiert nicht als Koalitionspartner ausschließen.

Der politische Erdrutsch hat jedenfalls tiefe Risse in der Steiermark hinterlassen. Die Auswirkungen davon werden bis nach Wien zu spüren sein.

Daniela Breščaković

Daniela Breščaković

ist seit April 2024 Innenpolitik-Redakteurin bei profil. War davor bei der „Kleinen Zeitung“.