Sven Gächter: Mediamarkt
„Die größte Pfeife ist also Weltmeister geworden. Wir gratulieren Hannes Reichelt ganz herzlich“, sagte Rainer Pariasek, und wer den Fernseher erst zu diesem Zeitpunkt eingeschaltet hatte, wunderte sich vielleicht kurz über den neuen, entwaffnend schroffen Umgangston in der sonst so schleimbeuteligen ORF-Sportberichterstattung. In Wahrheit jedoch handelte es sich nur um einen kleinen Insider-Scherz. Kurz zuvor hatte Reichelt im Überschwang des Super-G-Triumphes das nächstbeste ORF-Mikro gekapert und ein Sponti-Interview mit seinem Cheftrainer geführt: „Na, was sagst du, dass deine größte Pfeife jetzt Gold gewonnen hat?“ Vermutlich ohne entsprechend heimtückische Absichten zu verfolgen, hat Reichelt mit seiner Aktion einen Paradigmenwechsel von historischer Tragweite und eminenter Kundenfreundlichkeit angeregt: In Zukunft sollten alle für den ORF bildschirmrelevanten Sportprofis sich selbst interviewen! Das würde erstens nicht nur die Personalkosten der Sportredaktion nachhaltig senken, sondern zweitens und vor allem die Qualität der Live-Gespräche mit Sicherheit spürbar anheben.
Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben sind Interviews mit Sportlern nämlich nicht deshalb so eindimensional und dröge, weil diese nichts Intelligentes zu sagen hätten, sondern weil sie so gut wie nie etwas Intelligentes gefragt werden, was wiederum nicht zwingend auf einen niedrigen IQ der Reporter schließen lassen muss, wohl aber auf deren Vorstellung vom durchschnittlichen IQ des TV-Publikums. Deshalb räumt man das Feld besser gleich ganz für die weltmeisterlichen Pfeifen.