Wolfgang Schüssel kultiviert den Grant des in seiner Heimat schählich verkannten Elder Statesman.

Sven Gächter: Mediamarkt - Wolfgang Schüssel

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Man bekommt Wolfgang Schüssel ja nicht mehr so oft zu Gesicht. Als Polit-Pensionist kultiviert der Altkanzler den Grant des in seiner Heimat schmählich verkannten Elder Statesman und stimmt zum multilateralen Ausgleich gern Loblieder auf lupenreine Demokraten wie Wladimir Putin und Viktor Orbán an. In die Medien drängt er nicht, weil er ohnehin weiß, welche Fragen er dort zu erwarten hätte. Vergangene Woche verschlug es ihn doch wieder einmal in die Öffentlichkeit: Er war als Zeuge im Verfahren gegen den früheren BZÖ-Chef und Fußballbundesliga-Vorstand Peter Westenthaler geladen und ob dieser amtlichen Ruhestörung von Anfang an so schlecht gelaunt, dass er keine Gelegenheit ausließ, die anwesenden Würdenträger nach allen Regeln ruheständlerischer Hybris zurechtzuweisen. Der Prozess sei reine Geldverschwendung, meinte Schüssel patzig und offenbarte damit ein höchst zweifelhaftes Verständnis von Rechtsstaatlichkeit, was dem Richter durchaus nicht entging. Die demonstrative Ungehaltenheit des Ex-Kanzlers darüber, zu Machenschaften ehemaliger politischer Weggefährten Rede und Antwort stehen zu müssen, zeigte aber vor allem eines: Wolfgang Schüssel ist bis zum heutigen Tag nicht fähig oder willens einzugestehen, mit welcher Bagage er sich im Jahr 2000 ins Regierungsbett legte, um es sechs Jahre lang nicht wieder zu verlassen. Das Urteil über diese Ära ist längst gefällt, auch wenn eine ganze Reihe von Prozessen noch aussteht. Auf mildernde Umstände darf Schüssel nicht hoffen. Kein Wunder, dass er so schlecht gelaunt ist.

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Sven   Gächter

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