Sven Gächter

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Das ist doch bitte schön nicht schlecht: mit zarten 25 Jahren für alle möglichen – und unmöglichen – Jobs im Epizentrum der Realmacht gehandelt, von den vollzäh­ligen Medien des Landes mit überschäumender Aufmerksamkeit bedacht, in einem ORF-Satireformat von einem um­jubelten Burgtheaterschauspieler inkarniert und zu guter Letzt auch noch von einer leibhaftigen Literaturnobelpreisträgerin, Österreichs einziger, mit einem weithin beach­teten Internet-Feuilleton gewürdigt zu werden! Wer an schwächelndem Selbstbewusstsein leiden sollte, muss ­danach keine therapeutischen Ertüchtigungen mehr ins Auge fassen.

Nun kursieren über Niko Pelinka zahllose Charaktereinschätzungen; dass sein Ego niederschwellig ausgeprägt sei, gehört nicht dazu. Man könnte es ihm also nicht verdenken, wenn er – mehr noch als bisher ohnehin schon – dazu neigen sollte, einen organischen Zusammenhang zwischen der konzertierten öffentlichen Zuwendung und seiner gefühlten persönlichen Wichtigkeit herzustellen, und bestehe diese unter anderem auch nur darin, von Elfriede Jelinek zum „Totengräber“ der österreichischen Sozialdemokratie gesalbt zu werden.

Seit zwei Wochen hält die Personalie Pelinka die Medienrepublik in Atem, als ginge es um nicht ­weniger als ihren Fortbestand schlechthin. Dabei geht es um nicht mehr als die Frage, wer die ­Büroleitung des ORF-Generaldirektors übernimmt. Tatsächlich aber kulminiert in dieser vordergründigen Lappalie eine Groteske, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk seit der Wiederwahl von Alexander Wrabetz im August des Vorjahres beschädigt. Dass ein jung-forscher Stiftungsrat von roten Gnaden die Wiederwahl orchestrierte und dafür bei der ersten Gelegenheit mit einem nominell zwar zweitrangigen, strategisch jedoch bedeutsamen Job belohnt werden soll, ist ein hochbrisanter Vorgang, dessen Hautgout durch vergleichbare Machinationen in der Vergangenheit keinesfalls relativiert wird.

Die hierarchischen Strukturen im ORF bildeten immer auch die proporzpolitischen Verhältnisse im Land ab, aber spätestens seit der unseligen Ära Lindner/Mück besteht – zumindest außerhalb der Politik und unterhalb der obersten ORF-Führungsebene – Konsens darüber, dass solche Anachronismen in der medialen Gegenwart endgültig nichts mehr verloren haben. Die Ereignisse rund um Pelinka und andere mit wundersamen Karriere-Upgradings belobigte Stiftungsräte stellen eine flagrante Verhöhnung dieses Konsenses dar. Über die Qualifikation der Beteiligten ist damit übrigens nicht das Geringste ausgesagt, denn ihre Qualifikation besteht zunächst und über weite Strecken in machttaktischer Nützlichkeit, und alle, die im Brustton der Empörung etwas anderes behaupten, betreiben schlicht Augenwischerei, aus welchen Eigeninteressen auch ­immer.

Es bleibt die Frage, warum die Person des in Aussicht genommenen Büroleiters mit aggressiver Häme überzogen wird. Kaum eine Zeitung, die nicht das Wort vom Schnösel verwendet hätte“, schreibt der angesehene Politik­wissenschafter Anton Pelinka, nebenbei Nikos Onkel, in der aktuellen „Zeit“-Ausgabe: „Das ist nicht Kritik – das ist der irrationale Zorn einer Generation, die sich eines nicht eingestehen will: Auch ihr folgt eine neue Generation nach.“ Eine glatte Themenverfehlung! Im österreichischen Mediendschungel wird kein beinharter Generationenkonflikt ausgetragen, bei dem ein unschuldiger Jung-Dynamiker auf der Strecke zu bleiben droht.

Es werden mediale Grundsatzfragen einer Demokratie verhandelt, die man eigentlich schon bis zum Überdruss verhandelt glaubte – nur offensichtlich leider ohne jeden produktiven Erfolg. Der Zorn, an dem Anton Pelinka sich stößt, hat durchaus nichts Irrationales, er gilt in Wahrheit auch nur stellvertretend seinem Neffen, der den willigen Platzhalter in einem sattsam bekannten Machtkalkül abgibt. Dass er dies mit geradezu provozierender Selbstgefälligkeit tut, mag den öffentlichen Zorn anheizen – Ursache des Zorns aber ist das Schindluder, das ungeniert und fortgesetzt mit dem öffentlichen Rundfunk getrieben wird.

Wohl und Wehe des ORF hängen nicht davon ab, ob Niko Pelinka Büroleiter des Generaldirektors wird, sondern ­davon, ob Personalien wie Pelinka (und viele andere) den ORF hartnäckig daran hindern, zu jener Identität zu finden, die seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag – mit anderen Worten: seiner Unabhängigkeit – entspricht. Die Chancen ­dafür stehen wieder einmal ausgesprochen schlecht.

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