Franz Schellhorn
Contra

Teure Mieten: Nur nicht hingreifen!

Wenn der Staat helfen will, senkt er die Steuern und unterstützt gezielt sozial Schwache - meint Franz Schellhorn.

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Franz Schellhorn

ist Direktor des Thinktanks Agenda Austria.

Angesichts stark steigender Mieten werden die Rufe nach staatlichen Eingriffen immer lauter. Insbesondere von der Arbeiterkammer und der SPÖ, die seit Jahren strengere Regulierungen fordern. Ein Blick in die Statistik bestätigt, dass es ein Problem gibt: Allein zwischen 2010 und 2020 sind die Mieten österreichweit um 44 Prozent gestiegen, in Wien um 50 Prozent. Das heißt aber nicht, dass alle Wiener heute um die Hälfte mehr an ihre Hausherren abliefern müssen. Sondern „nur“ jene, die sich eine neue Bleibe suchen mussten. Alle anderen spüren die Preisexplosion deutlich abgeschwächt, weil laufende Mietverträge höchstens um die Inflationsrate steigen können.

Was nicht heißen soll, dass eh alles paletti ist. Ganz im Gegenteil: Wer wenig verdient und eine neue Wohnung braucht, bekommt die Preisexplosion mit voller Wucht zu spüren. Selbst Gemeindewohnungen in Wien verteuerten sich in zehn Jahren um 35 Prozent. Nicht, weil die Wiener Stadtregierung „neoliberalisiert“ worden wäre. Sondern weil auch Gemeindewohnungen bei massiv gestiegenen Baupreisen renoviert und aufgewertet wurden. Hinzu kommt die ungebrochen hohe Nachfrage, die auf ein beschränktes Angebot trifft.

Die gut gemeinte Preisregulierung in Berlin schadet jenen, für die sie gedacht war. Und sie hilft Besserverdienern.

Franz Schellhorn

Wien ist damit nicht allein, in allen europäischen Metropolen ziehen die Mieten kräftig an. Berlin hat darauf reagiert und einen strengen Mietendeckel eingeführt. Klingt super, hat aber bedauerliche Nebenwirkungen: Viele Eigentümer vermieten ihre Immobilien nicht mehr, sondern verkaufen sie lieber. Das Angebot an Mietwohnungen, die vom Deckel betroffen waren, ging in den ersten zwölf Monaten nach Einführung der Preisobergrenze um fast die Hälfte zurück. Dafür waren um 40 Prozent mehr Eigentumswohnungen auf dem Markt. Die gut gemeinte Preisregulierung schadet damit jenen, für die sie gedacht war. Und sie hilft Besserverdienern und „Altmietern“, die keine Unterstützung bräuchten.

In Wien ist es nicht anders. Deshalb wäre es keine gute Idee, den Vermietern die Anpassung der Richtwertmieten an die Inflation neuerlich zu verwehren. Das wirkt wie eine Sondersteuer auf ohnehin geschützte Mieten. Sie gelten für Altbauwohnungen mit weniger als 130 Quadratmetern und für Gemeindebauten. Von sozialer Treffsicherheit keine Spur: Der zum Richtwert wohnende Spitzenverdiener wird geschützt, während die in einem größeren Altbau lebende Studenten-WG ebenso eine höhere Miete zu bezahlen hat wie die Jungfamilie im Neubau. Ginge es nach der SPÖ, würde der Staat gleich alle Mieten deckeln. Niemand würde mehr investieren, und die Häuser sähen aus wie in der früheren DDR.

Was also tun? Die exorbitant hohen Steuern und Abgaben auf den Faktor Arbeit senken, um die Kaufkraft der Bevölkerung zu stärken. Mehr bauen, unnötige Vorschriften streichen und die Einkommensgrenzen im sozialen Wohnbau senken, um Platz für Bedürftige zu schaffen. Und besonders armen Haushalten gezielt mit Zuschüssen unter die Arme greifen, statt neue Regulierungen einzuziehen, die das ohnehin knappe Angebot an Wohnungen weiter reduzieren. Und damit jenen zu schaden, die dringend eine neue Bleibe suchen. 

Der Immobilienboom frisst seine Kunden. Das Grundbedürfnis Wohnen wird zunehmend unleistbar, der Traum von den eigenen vier Wänden zur Illusion. Wie konnte es so weit kommen? Und wie finden wir da wieder heraus? Jetzt in der aktuellen profil-Titelgeschichte lesen. Hier geht es zum E-Paper.