Wie Meloni Profit aus einer Niederlage schlägt
Der Tech-Milliardär Elon Musk hat ein Faible für Rechtsextreme und Rechtspopulisten in Europa. Er hat offen Sympathien für die AfD in Deutschland bekundet und Viktor Orbáns Anti-EU-Kurs applaudiert. Auch in Italiens hat Musk eine klare politische Präferenz: Giorgia Meloni. „Sie ist von innen noch schöner als außen“, schwärmte er einmal über die Regierungschefin in Rom. Im letzten Jahr trat der Unternehmer als Stargast auf einem Festival von Melonis postfaschistischer Partei Fratelli d„Italia auf.
Ebenfalls mit dabei war Albaniens Ministerpräsident Edi Rama. Mit ihm hat Meloni vor einem Jahr einen Asylpakt ausgehandelt, der offenbar auch in den USA wahrgenommen wird. Musk jedenfalls interessiert sich sehr dafür. Dieser Deal sieht vor, dass Geflüchtete, die von der italienischen Küstenwache gerettet wurden, nach Albanien gebracht werden, wo sie innerhalb eines Monats ihr Asylverfahren durchlaufen. Die Lager sind fertig – aber sie stehen leer.
Die Justiz hat Meloni einen Strich durch die Rechnung gemacht
Die Justiz hat Meloni einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Aktion bereits im Oktober gestoppt. Jetzt entschied ein Gericht in Rom erneut, dass eine Gruppe Geflüchteter aus Bangladesch und Ägypten wieder zurück nach Italien gebracht werden muss. Das Gericht verwies auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach Ägypten und Bangladesch keine sicheren Herkunftsländer seien. Jetzt müssen Italiens Höchstgerichte und der EuGH entscheiden, wie es weitergeht.
So lange will Meloni aber nicht warten. Sie nutzt die Pattsituation, um Italiens Gerichte zu diskreditieren. Auch andere Parteien ihrer rechten Regierungskoalition sprechen von einer „linken Justiz“. Bereits vor Monaten hatte Meloni psychologische Tests für angehende Staatsanwältinnen und Richter gefordert. Jetzt sagt sie: „Es ist schwierig, zu versuchen, dieses Land zu regieren, wenn Teile der Institutionen, die bei der Bewältigung der Probleme helfen sollten, gegen dich arbeiten.“ Dieses Zitat hat es in sich und verrät viel über Melonis Demokratieverständnis. Gerichte sind nicht dafür da, loyal zur Regierung zu stehen. Sie sind eine Kontrollinstanz, auf die sich alle Bürgerinnen und Bürger verlassen können.
Elon Musk springt Meloni dennoch zur Seite. „Diese Richter müssen gehen“, schrieb er im Kurznachrichtendienst „X“. Und dann: „Das ist inakzeptabel. Leben die Menschen in Italien in einer Demokratie oder trifft eine nicht gewählte Autokratie Entscheidungen?“ Der letzte Satz ist bizarr. Es wirkt, als wüsste Musk, der Teil der nächsten US-Regierung sein wird, nicht, wie ein Rechtsstaat funktioniert.
Mittlerweile ist offensichtlich geworden, warum Musk im Oktober 2022 die Social-Media-Plattform Twitter (jetzt X) für viel zu viel Geld (44 Milliarden Dollar) gekauft hat. Es ging nie um ein wirtschaftlich lohnendes Investment, sondern darum, den politischen Diskurs zu beeinflussen. Jetzt, wo Musks Favorit Donald Trump ins Weiße Haus zurückkehrt, macht sich das bezahlt.
Auch Meloni hat viel zu viel Steuergeld (800 Millionen) für etwas verprasst, das sich nicht rentiert: die Camps in Albanien. Ähnlich wie bei Musks Twitter-Übernahme wird sich das Investment aber anderweitig lohnen. Es ging Meloni nie darum, tatsächlich 36.000 Flüchtlinge im Jahr nach Albanien zu bringen. Die Zahlen waren immer unrealistisch, Italien schafft pro Jahr gerade einmal maximal 5.000 Abschiebungen. Die Camps waren also nie dazu da, wirklich eine Lösung aufzuzeigen. Stattdessen geben sie Meloni die Möglichkeit, sich als Macherin zu inszenieren. Jetzt gibt ihr das Scheitern des Deals die Chance, sich die unabhängige Justiz vorzuknöpfen und ihr Ansehen langfristig zu beschädigen.
Auch Silvio Berlusconi, der Meloni einst zur jüngsten Ministerin Italiens machte, hat die Justiz angegriffen. Doch dem mittlerweile verstorbenen Premierminister Italiens ging es primär darum, seinen eigenen Kopf zu retten und nicht im Gefängnis zu landen. Melonis Ziele gehen über private Interessen hinaus. Es geht um den Umbau des Landes. Und das macht sie noch viel gefährlicher.