Wohnbauförderung kommt sehr wohl bei Bewohnern an
Im Gastkommentar argumentierten Veit Dengler und Wolfram Proksch, dass der „soziale Wohnbau historisch gewachsener und teurer Unsinn“ ist und es besser wäre, jegliche Wohnbauförderung nur direkt den Bewohnern in Form von Wohnbeihilfen zugutekommen zu lassen, anstatt Mittel für den Bau geförderter Wohnungen einzusetzen. Ohne diese Behauptungen faktisch zu untermauern, zeichnet sich der Beitrag eher durch seine Polemik als durch konstruktive Kritik aus. Das beiseitegelassen, macht es für die österreichischen Steuerzahler jedoch in mehrfacher Hinsicht Sinn, die ökonomischen Wirkungsweisen der unterschiedlichen Instrumente der Wohnbauförderung zu verstehen.
Die Wohnbauförderung in Österreich zielt bewusst auf die Errichtung und die Sanierung von Wohnungen (Objektförderung) ab, anstatt im Nachhinein Mieter zu stützen (Subjektförderung). Die Debatte zur Objekt- versus Subjektförderung ist nicht neu und geistert regelmäßig durch die Medien. Es braucht jedoch keine lange Recherche, um zu verstehen, was der Schwenk von Objekt- auf Subjektförderung wohnungspolitisch bedeutet. In Deutschland und Großbritannien ist es in den letzten Jahrzehnten zu einer drastischen Reduktion der Neubauobjektförderung gekommen. Den Rückgang des Neubaus an leistbaren Wohnungen haben die Steuerzahler jedoch teuer bezahlt. Diese mussten nämlich aufgrund des Mangels an leistbaren Wohnungen die stark steigenden Wohnbeihilfen durch Steuergelder begleichen. Der Großteil der Wohnbeihilfe floss dabei in den privaten Mietsektor und in weiterer Folge in die Hände von privaten Vermietern. Von Reinvestition oder Sozialbindung weit und breit keine Spur. Gleichzeitig liegen die staatlichen Pro-Kopf-Ausgaben für das Wohnungswesen in Deutschland (2021) um 70 Prozent höher als in Österreich.
Nicht die gleichen Fehler begehen
Obwohl auch Wohnbeihilfen eine wichtige Unterstützung zur Abfederung von (zu) hohen Wohnkosten bieten, ist jeder Euro an Wohnbeihilfe eine einmalige Zahlung ohne nachhaltigen Beitrag zur Schaffung von leistbarem Wohnraum. Jeder Euro, der hingegen in Form einer Förderung an eine gemeinnützige Bauvereinigung fließt, kommt aufgrund des Kostendeckungsprinzips nicht nur 1:1 bei den Mietern an, sondern wirkt langfristig. Das ausgeklügelte Tandem aus Wohnungsgemeinnützigkeit und Wohnbauförderung bewirkt nämlich nicht nur, dass die Mieten im Neubau deutlich günstiger sind, sondern vor allem auch, dass die Leistbarkeit auf Bestandsdauer einer Wohnung gesichert ist. Nicht umsonst hat ein kürzlich erschienener WIFO-Bericht konstatiert, dass die Wohnungsgemeinnützigkeit als „eine Art Versicherung für die Wohnungswirtschaft verstanden werden [kann], die im Falle von Schocks Haushalte vor starken Mietpreisanstiegen bewahrt“. Österreich hat also gut daran getan, nicht die gleichen wohnungspolitischen Fehler zu begehen, die vielen anderen europäischen Staaten teuer zu stehen kommen.
Die Wohnbauförderung in Österreich zielt bewusst auf die Errichtung und die Sanierung von Wohnungen ab, anstatt im Nachhinein Mieter zu stützen.
Sozial ist der soziale Wohnbau in Österreich durch seine breite gesellschaftliche Ausrichtung. Volkswirtschaftlich handelt es sich beim „sozialen Wohnbau“ in Österreich jedoch um keine (soziale) Beihilfeleistung, sondern um ein ökonomisch effizientes System. Die Zahlen des WIFO untermauern dies. Die verbesserte Leistbarkeit für die breite Bevölkerung erhöht nicht nur die Kaufkraft und bringt dadurch höhere Steuereinnahmen, sondern wirkt auch entlastend für den öffentlichen Haushalt. Gerade aufgrund des Festhaltens an der Objektförderung spart sich der Staat jährlich Ausgaben für Wohnbeihilfen von Millionen Euro.
Diese breite Ausrichtung des geförderten, gemeinnützigen und kommunalen Wohnbaus leistet auch einen wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Im Vergleich zu anderen europäischen Städten kann man in Wien noch von einer funktionierenden sozialen Mischung sprechen. Brennpunktviertel wie in vielen anderen Städten konnte man trotz steigender Ungleichheit noch weitgehend vermeiden. Und ganz unrecht wird auch die OECD nicht haben, wenn sie bereits mehrfach Elemente des sozialen Wohnbaus in Österreich als Best Practice zur Lösung der Wohnungskrise für andere Länder vorgeschlagen hat.
Wenn also vom „unsozialen Wohnbau“ die Rede ist, sollte man sich eher Gedanken darüber machen, welche Bevölkerungsgruppen der in den letzten Jahren entstandene teure kapitalmarktorientierte Wohnbau versorgt, anstatt ein gut funktionierendes und international mehrfach ausgezeichnetes System infrage zu stellen. Die nachhaltige Wohnversorgung der österreichischen Bevölkerung eignet sich nicht für unsachliche Polemik.
Zur Person
Klaus Baringer ist Obmann des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen.