Amtsgeheimnis: Ein verlorenes Jahr für die Transparenz
Es war ein gutes Jahr für Bürgermeister, Landeshauptleute und alle anderen Amtsträger: Zum wiederholten Mal wurde das Informationsfreiheitsgesetz aufgeschoben. Die türkis-grüne Bundesregierung wollte das Vorhaben eigentlich im Jahr 2020 finalisieren und Österreich damit in die „Champions League der Transparenz“ (Vizekanzler Werner Kogler) führen. Zwei Jahre später spielt Österreich noch immer in der Regionalliga.
Das ermöglicht es Behörden, Fragen von Journalistinnen und Journalisten weiterhin mit ihren einstudierten Floskeln abzuschmettern: Sagen wir nicht, wissen wir nicht, geht Sie nichts an. In allen seriösen Redaktionen des Landes liegen solche Auskunftsverweigerungen zigfach vor. Und so bleiben Inseratensummen von öffentlichen Stellen an Parteimedien oder Empfänger staatlicher Aufträge allzu oft geheim – wenn nicht Insider oder Whistleblower ausnahmsweise Informationen durchstechen.
Die gesetzlich abgesicherte Intransparenz erschwert die Kontrolle darüber, ob die öffentlichen Gelder zweckmäßig und sparsam eingesetzt werden. Für Regierende ist das natürlich bequem.
Bei den Wählern kommt Geheimniskrämerei weniger gut an, deshalb bekennen sich die meisten Regierungen in Bund und Ländern offiziell zu mehr Transparenz. Das Problem ist nur, dass es bisher immer bei Ankündigungen blieb. Im Februar 2023 wird das Versprechen nach einem Informationsfreiheitsgesetz sein 10-jähriges Jubiläum feiern; ausgesprochen hat es der damalige SPÖ-Kanzler Werner Faymann. Auch die Landesregierungen in Salzburg, Kärnten, Tirol, Vorarlberg, Wien und der Steiermark versprachen in den vergangenen Jahren mehr oder weniger weitreichende Transparenz-Offensiven. Der Journalist Markus Hametner und der Informationsfreiheits-Aktivist Mathias Huter fanden für die Rechercheplattform „Dossier“ heraus, dass kein einziges dieser Vorhaben in den Ländern tatsächlich umgesetzt wurde.
Auf Bundesebene sind ÖVP und Grüne mit starkem Widerstand von Ländern und Gemeinden konfrontiert, die bei der Informationsfreiheit bremsen. Wäre ÖVP und Grünen das Projekt wirklich wichtig, könnten sie jetzt einen Joker zücken. Und mit dem Projekt in die Verhandlungen um den Finanzausgleich ziehen. Dort werden die Steuereinnahmen, die fast ausschließlich der Bund einhebt, nach einem Schlüssel auf die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden aufgeteilt. Die Regierung könnte die Forderungen von Ländern und Gemeinden nach mehr Geld nutzen, um als Gegenleistung auf die Zustimmung zur Transparenz-Initiative zu pochen.
Ob das passiert, ist allerdings fraglich.