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Morgenpost

Anschauliche Wissenschaft: Die Mathematik des Biertrinkens

Wie sieht das perfekte Bierglas aus? Forscher wollen mit der Beantwortung alltäglicher Fragen mehr Interesse an Wissenschaft wecken.

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Die Tage gesteigerten Alkoholgenusses mögen mit dem Ende der Feiertage zwar vorerst vorüber sein. Dennoch sei gestattet, die heutige Morgenpost mit folgender Frage zu eröffnen: Wie sieht das perfekte Bierglas aus? Präziser: Welche Form muss es besitzen, damit sein Inhalt möglichst lange kühl bleibt?

Diese Frage war tatsächlich Gegenstand einer wissenschaftlichen Studie, über deren Ergebnisse gerade das Fachjournal „Scientific American“ berichtete. Mathematiker wandten dafür bewährte Berechnungsmethoden an und leiteten eine Formel zur Optimierung der Glasform her.

Wichtig dabei war, eine möglichst praxistaugliche Lösung zu finden: Man sollte aus dem Glas bequem trinken und es abstellen können. Weiters wurden die Umgebungstemperatur sowie der Umstand berücksichtigt, dass der Füllstand und damit die Oberfläche variiert, weil das Bier sukzessive getrunken wird.

Die Bierglasformel

Das Resultat der mathematischen Optimierungsaufgabe, knapp zusammengefasst: Günstig ist eine eher große Oberfläche im oberen Bereich des Glases, wobei sich das Gefäß nach unten hin verengen sollte, durchaus ähnlich wie bei einer Sektflöte. Förderlich, um die Temperatur zu halten, sind weiters eine isolierende Schaumkrone sowie ein dicker Glasboden.

Kommt Ihnen so eine Studie merkwürdig, womöglich lächerlich vor? Warum errechnet man mit komplexer Mathematik Lösungen für scheinbar banale Probleme? Aus zwei Gründen, wie die Forschenden meinen: Vorderhand deshalb, weil passionierte Biertrinker bestimmt wissen wollen, in welchem Glas ihr Lieblingsgetränk unter realen Umständen am besten genießbar ist. Wichtiger ist aber der zweite Grund: Indem man Formeln auf Alltagsprobleme anwendet, kann man vielleicht Berührungsängste gegenüber der Mathematik abbauen, spielerisch ihren Nutzen zeigen und eventuell generell behutsam den Appetit auf Wissenschaft wecken.

Wenig Interesse an Wissenschaft

Wünschenswert und eigentlich notwendig wäre das allemal, wie jüngst das aktuelle „Wissenschaftsbarometer“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaft zeigte, das Ende Dezember publiziert wurde: Zwar stimmten bei dieser Umfrage 40 Prozent der Befragten zur Gänze der Aussage zu, dass „Wissenschaft und Forschung unser Leben verbessern“. Doch gleichzeitig gab nur ein Fünftel der Personen an, sich selbst in hohem Maß für Wissenschaft und Forschung zu interessieren. Und lediglich sieben Prozent sagten, sich darüber sehr gut informiert zu fühlen – ein ziemlich niederschmetternder Wert.

Was dagegen tun? Wie könnte man mehr Menschen dazu bewegen, Interesse an der Arbeit von Forschenden aufzubringen, die zweifelsohne erheblichen Einfluss auf unser aller Leben hat, sei es durch Innovationen in der Medizin oder als Entscheidungsgrundlage für die Politik?

Vielleicht wäre mehr „Bierglasmathematik“ eine gute Möglichkeit. Damit ist gemeint: Seriöse Wissenschaft, serviert mit Unterhaltungsfaktor, die konkret an Alltagsfragen andockt. Beispiele dafür gibt es zur Genüge, vermutlich müsste man sie bloß öfter erwähnen: Forschende haben zum Beispiel auch schon ermittelt, wie man nach den Gesetzen der Physik am besten Spaghetti kocht, weshalb uns Zwiebeln weinen lassen, welche Snacks am Buffet der geschulte Mikrobiologe keinesfalls anrühren würde, wie man mit Mathematik Torten korrekt schneidet, warum Sektkorken knallen oder woher der blubbernde Klang beim Einschenken von Gläsern rührt. 

Mann kann solche Arbeiten läppisch finden, man könnte sie aber auch als eine Art Einstiegsdroge in Naturwissenschaft betrachten – und als ebenfalls nicht zu unterschätzten Beleg dafür, dass Wissenschaft keineswegs todernst sein muss. In diesem Sinne wünschen wir ein möglichst unterhaltsames und ebenso lehrreiches Wissenschaftsjahr 2025.

Alwin   Schönberger

Alwin Schönberger

Ressortleitung Wissenschaft