Wie sich SPÖ-Chef Babler zwischen Links und Rechts einpendeln will
Wer wäre Andreas Babler ohne Flüchtlinge. Der heutige SPÖ-Chef wurde als Bürgermeister von Traiskirchen berühmt – einem kleinen Ort in Niederösterreich, wo das größte Erstaufnahmezentrum des Bundes beheimatet ist. Auf rund 22.000 Bewohner kamen zu Hochzeiten fast zehn Prozent Asylwerber. Während der großen Flüchtlingswellen war das Lager heillos überfüllt. Babler avancierte mit scharfen Ansagen Richtung Bund zum Held der Linken innerhalb seiner Partei und erlangte landesweite Berühmtweit.
Massenprogramm war seine Asyl-freundliche Haltung aber schon damals weder in den eigenen Reihen und schon gar nicht im eher rechtsgepolten Österreich. Eine Stand-alone-Position ist für einen Politiker gut, um das Profil zu schärfen. In einem Wahljahr geht es aber darum, möglichst viele Stimmen zu bekommen. Um das zu schaffen, muss Babler zuerst die Partei hinter sich versammeln – die Asyl-Positionen der Mitte-Partei variieren aber von relativ weit links (Babler) bis relativ weit rechts (Doskozil). Babler muss eine Position finden, die diese Pole gut austariert – dafür muss er persönlich ein Stück Richtung rechts wandern.
Die SPÖ ihrerseits erwartet von Babler nichts Geringeres als der (weit rechts stehenden) FPÖ Stimmen abzuknöpfen. Die punktet seit jeher mit ihrem Lieblingsthema Asyl. Die sich vor allem in den Ballungsräumen durch Migration verschärfenden Probleme spielen ihr in die Hände: Völlig überfüllte Pflichtschulen durch Familiennachzug; gröbere Bildungsprobleme insgesamt – oder ganze Viertel, in denen Kriminalität massiv gestiegen ist und sich das Stadtbild deutlich verändert hat.
Babler muss also zu dem Thema vorlegen und hat darum einen „Masterplan zu Asyl, Migration und Integration“ vorgelegt. Es geht um schnelle Verfahren an EU-Außengrenzen. Darum, unrechtmäßige Aufenthalte zu reduzieren und Rückführungsübereinkommen zu verhandeln – das alles ist nicht national umsetzbar. Er spricht von Integration ab dem 1. Tag und davon, Frauen stärken – und zum Schluss fordert er die volle Härte des Gesetzes bei Fehlverhalten, bis hin zu Abschiebungen. Das gibt zwar die aktuelle Gesetzeslage momentan auch nicht her, aber Gesetze kann man ja ändern – wieder geht es aber um internationales Recht, die Mittel nationaler Politiker sind beschränkt.
Babler gegen Orban
Und dann hatte Babler noch eine zündende Idee: Er möchte den ungarischen Premier Viktor Orban auf EU-Ebene klagen (oder klagen lassen). Grund dafür sei die stark einschränkende Asylpolitik des Landes – Ungarn nimmt nämlich de facto kaum Asylanträge entgegen. Babler will damit eine gerechtere Verteilung innerhalb der EU erzielen.
Nun mag das, wenn man von Fairness spricht, wohl der richtige Vorstoß sein. Der für Österreich „angenehme“ Nebeneffekt Ungarns Politik ist aber, dass weniger Flüchtlinge nach Österreich kommen. Speziell die burgenländische Grenze wird dadurch massiv entlastet – SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wird also eher einen Teufel tun, und diesen Vorschlag zu unterstützen. Der spricht lieber – wie auch Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer – von Obergrenzen.
Damit hat er übrigens ein großes Vorbild: Der demokratische US-Präsident Joe Biden hat eine solche gerade eingeführt. Die Grenze zu Mexiko sollen täglich nicht mehr als 2500 Personen überqueren dürfen. Damit setzt er eine Regelung in Kraft, die ursprünglich Donald Trump erfunden hatte.
Auch das zeigt das Dilemma in der Asylfrage nur allzu deutlich: Sie ist so groß und massiv, dass nicht nur permanent Grenzen illegal überschritten – sondern auch verschoben werden. Zum Beispiel zwischen Links und Rechts. Weltweit ringt die Politik um neue, mehrheitsfähige Positionen – das könnte dazu führen, dass man bald gar nicht mehr weiß, wo hier Links und Rechts ist. Das macht es für Wähler nicht einfacher, sich zu entscheiden – oder für Babler, eine Partei zu einen.