Das Amtsgeheimnis: Weiß schwärzt besser
Im März 2015 hatte Hametner das Verteidigungsressort erstmals um Übermittlung der Eurofighter-Verträge ersucht, es folgten drei ablehnende Bescheide des Ministeriums, vier Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes, ehe er die Verträge im April dieses Jahres endlich in Händen hielt. Also richtigerweise das, was das ministerielle Departement für Tarnung noch übriggelassen hatte. Entfernt wurden längst nicht etwa nur Informationen, welche „die umfassende Landesverteidigung, die auswärtigen Beziehungen und gegebenenfalls wirtschaftliche Interessen des Bundes beeinträchtigen können“, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Dezember des Vorjahres dekretiert hatte.
Das Ministerium löschte unter anderem und sicherheitshalber auch gleich die eigene Umsatzsteueridentifikationsnummer (ATU 36801804, sie ist öffentlich zugänglich), die Gesamtpreise (1,33 Milliarden Euro für die Flugzeuge, 629,2 Millionen Euro für die Ausrüstung, auf der Website des Ministeriums selbst veröffentlicht), den Lieferplan (die Flugzeuge sind längst da), dazu Überschriften, Inhalts- und Abbildungsverzeichnisse und jede Menge Passagen, deren Geheimhaltungsinteresse nur erkennt, wer es sich hinter der Amtsverschwiegenheit gemütlich gemacht hat.
Warum wir das wissen? Stefan Melichar hat die dem Forum Informationsfreiheit übermittelte Fassung mit dem uns bekannten ungeschwärzten/ungeweißten Vertragswerk verglichen – das Ergebnis dieser absurden Schnitzeljagd können Sie hier und auf www.informationsfreiheit.at nachlesen.
Bei Anruf: Umleitung
Bei gewissenhafter Auslegung des Amtsgeheimnisses tut sich ein weiterer Vorzug auf: Amtstragenden bleiben Gewissenskonflikte erspart. Siehe etwa Niederösterreich. Wie Jakob Winter enthüllte, hat die St. Pöltner Landesamtsdirektion die Landesbediensteten jüngst angewiesen, nicht mehr mit dem Rechnungshof zu sprechen, sollte dieser mal anrufen.
Laut einer Dienstanweisung seien „sämtliche Unterlagen/Stellungnahmen/Fragebeantwortungen im Zuge der Prüfung grundsätzlich nicht direkt an den Rechnungshof zu übermitteln", sondern an die Landesamtsdirektion. „Kurze Beauskunftungen“ seien nur „im Einzelfall“ zulässig, und das auch nur, nachdem vorab wiederum die Landesamtsdirektion informiert wurde. Das halten übrigens nicht alle Bundesländer so.
Der Schutz vor den Hinweisgebern
Die Amtsverschwiegenheit, sie wirkt nach außen, sie wirkt nach innen - und ungeachtet aller politischen Versprechen, sie endlich durch ein ordentliches Informationsfreiheitsgesetz zu kippen, wirkt sie auch noch unumstößlich.
Die Amtsträgerschaft mag halt weder Verrat noch Verräter. Wie sehr sie sich umgekehrt mit Transparenz plagt, zeigt auch das Schauspiel rund um das Whistleblower-Gesetz, im Fachjargon HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) genannt.
Vergangenen Freitag endete die Begutachtungsfrist für einen entsprechenden Gesetzesentwurf, der Whistleblower fortan vor Repressalien des Dienstgebers (Behörden, Ämter, Unternehmen) schützen soll. Der Entwurf an sich hatte schon viel zu lange auf sich warten lassen: Die Frist zur Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie war bereits Ende des Vorjahres abgelaufen, woraufhin die EU-Kommission im Jänner ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einleitete.
Jetzt also ein später Entwurf, der (und das sollte jetzt leider keine Überraschung sein) dem Anspruch nicht gerecht wird. Das Ziel der EU-Richtlinie, Hinweisgebern uneingeschränkten Schutz zu bieten, werde verfehlt, teils stünden die österreichischen Bestimmungen gar in Widerspruch dazu, schreibt Transparency International in einer aktuellen Stellungnahme und verweist unter anderem auf Unzulänglichkeiten bei den „geschützten“ Straftatbeständen. So erachte der Gesetzgeber zwar Meldungen über mögliche Korruptionsdelikte für schutzwürdig, nicht aber solche, die sich auf Betrug, Untreue, sexuelle Belästigung, Mobbing oder Verstöße gegen das Arbeitsrecht bezögen.
Kritik kommt auch vom Interessenverband für Anleger (IVA). „Es kann ja nicht sein, dass ein Whistleblower erst Jus studiert haben muss, um festzustellen, ob er ein geschütztes Delikt aufzeigt oder nicht“, sagt IVA-Vorstand Florian Beckermann. In der vorliegenden Form sei das HSchG mehr ein Schutz vor Hinweisgebern als für Hinweisgeber.
Das passt wiederum ins geweißte Bild.
Michael Nikbakhsh