Götz Kubitschek
Morgenpost

Das deutsche Volk, der Mann aus Schnellroda und seine Rede in Wien

Der neu-rechte Verleger Götz Kubitschek redet gerne über linke Zensur und das deutsche Volk. Sein Einfluss auf rechte Kreise ist kaum zu überschätzen, der deutsche Verfassungsschutz beobachtet ihn. Morgen spricht Kubitschek in Wien.

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Götz Kubitschek – kurze Haare, graumelierter Bart – kommt morgen nach Wien. Er soll auf einer Demonstration vor der Universität sprechen, sie ist für 15 Uhr angemeldet und läuft unter dem Motto: „Gegen linke Zensur und Cancel Culture“. Denn eigentlich hätte er im Gebäudeinneren bei einer Podiumsdiskussion auftreten sollen. Das unterband die Hochschulleitung per Verbot, der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) hatte sie organisiert.

Kubitschek gehört zu den wichtigsten Figuren der rechtsradikalen Szene im deutschsprachigen Raum. Der ehemalige Bundeswehrsoldat war im Jahr 2000 Mitgründer des Instituts für Staatspolitik (IfS), wenig später erfand er den Verlag Antaios und die Zeitschrift Sezession. Alle haben ihren Sitz in der ostdeutschen Provinz, in der Ortschaft Schnellroda. Rechte Intellektuelle trugen vor und stritten sich, entwickelten Konzepte und gewannen Einfluss. Martin Semlitsch und Martin Sellner, zwei Schlüsselfiguren der österreichischen „Identitären Bewegung“, wurden zu Freunden Kubitscheks, rechte Kräfte innerhalb der AfD vernetzten sich in Schnellroda.

Deutscher kann werden, wer sich auf Gedeih und Verderb auf die Seite des deutschen Volkes schlägt.

Götz Kubitschek

Verleger

Harter Rechter

Kubitschek krakeelt nicht, in Interviews spricht er leiste und mit dialektaler Färbung. Seine Aufsätze und Artikel verweisen auf eine Vielzahl theoretischer Konzepte und verlangen aufgrund langer Sätze große Konzentration. Oft treibt ihn die Frage an, wie rechte Kräfte an die Macht kommen könnten – und wohin sich das „deutsche Volk“ entwickelt.

Denn trotz des intellektuellen Habitus ist Kubitschek ein harter Rechter. „Deutscher ist“, sagte er 2016 in einem Vortrag, „wer deutsche Vorfahren hat. Deutscher kann werden, wer sich auf Gedeih und Verderb, auf die Seite des deutschen Volkes schlägt.“ Das Programm rechter Politik, schrieb Kubitschek im September, sei eben „die Rekonstruktion des Gemeinwesens und der deutschen Nation“. 

Einfluss bei FPÖ und AFD

Es ist aufgrund der Deutschtümelei kein Wunder, dass noch militantere Kräfte in Schnellroda angedockt sind. Der Politikwissenschaftler Benedikt Kaiser gehört zum Inventar des Kubitschek-Dunstkreises, in seiner Jugend bewegte er sich in neonazistischen Gruppierungen. Dasselbe gilt auch für „Identitären“-Leiter Sellner, der im Antaios-Verlag veröffentlicht und regelmäßig in Kubitscheks Aufsätzen auftaucht. Aber Kubitscheks Imperium ist eben kein Sammelsurium rechter Spinner im Abseits. Es hat einen gehörigen Anteil am unaufhörlichen Rechtsruck der AfD, das Bildungsinstitut der FPÖ lud Kaiser und andere Vertreter des Instituts für Staatspolitik (IfS) im Frühjahr als Referenten ein.

Am Erfolg ändern auch eindeutige Urteile nichts: Ein Verwaltungsgericht in Magdeburg stellte 2023 fest, dass im IfS „rassistische und biologistische“ Sichtweisen auftauchen würden, Kubitschek verfolge „der Sache nach einen völkisch-abstammungsmäßigen Volks­begriff“ Der deutsche Verfassungsschutz erachtet den Thinktank als „gesichert rechtsextrem“ und beobachtet Kubitschek und die Seinen.

Ob der RFS diese Einschätzung teilt, konnte profil nicht erfahren. Der FPÖ-Studentenverband ließ eine Anfrage unbeantwortet. Nur das Thema des Vortrags ist öffentlich: Er wird sich um das Buch „Fahrenheit 451“ drehen. In einem Ankündigungsvideo sagte Kubitschek, gewohnt harmlos und recht verschachtelt: „Es ist sehr, sehr wichtig, auch an der Universität Wien zu zeigen, dass es eine besondere Art zu denken ist, wenn man von rechts her denkt.“ Ab 13:30 Uhr wird eine Gegendemonstration stattfinden, dazu ruft die „Österreichische Hochschüler_innenschaft“ auf. „Universitäten dürfen keine Steigbügelhalterinnen für rechtsextreme Ideologien werden", hieß es in einer Aussendung.

Übermorgen ist schon Wochenende, und am Samstag erscheint das profil! Spannende Zeiten.

Moritz Ablinger

Moritz Ablinger

Moritz Ablinger

war bis April 2024 Redakteur im Österreich-Ressort. Schreibt gerne über Abgründe, spielt gerne Schach und schaut gerne Fußball. Davor beim ballesterer.