Das Signa-Kartenhaus: Pleite auf allen Ebenen
Seit Monaten schreiben wir bei profil uns an den Turbulenzen im zerbröselnden Signa-Imperium die Finger wund – in der aktuellen Ausgabe berichten Chefredakteurin Anna Thalhammer, Wirtschafts-Ressortleiterin Marina Delcheva und ich unter anderem aus einem spannenden Insolvenzverwalter-Bericht der Signa Holding. Doch irgendwann muss man auch einmal innehalten. Und warum nicht die Zeit nutzen, um ganz entspannt in der früheren Haus-Postille der Immobilien-Gruppe von Ex-Tycoon René Benko zu blättern – der „Signa Times“?
In der Ausgabe Nummer 15 vom März 2023 findet sich zum Beispiel eine Doppelseite (die „Signa Times“ erschien übrigens farbig und im Großformat) zum geplanten Kaufhausprojekt „Lamarr“ in der Wiener Mariahilfer Straße. „Hochkarätige Gäste beim Event zur Namensgebung“ lautete der Titel über einer ganzseitigen Fotogalerie. Darauf zu sehen: unter anderem Signa-Gründer Benko himself, obwohl der offiziell längst keine operative Funktion mehr in der Unternehmensgruppe inne hatte. (Die Frage, ob er nicht doch so etwas wie der geheime Geschäftsführer gewesen sein könnte, treibt mittlerweile jene um, die bei Signa Geld verloren haben.) Das „Lamarr“ – benannt nach Hollywood-Legende Hedy Lamarr – war jedenfalls bis zuletzt so etwas wie das prestigeträchtigste Signa-Bauprojekt in Österreich. Doch nicht einmal ein Jahr nach dem Jubelbericht in der Unternehmenszeitung ist es ein Fall fürs Insolvenzgericht.
Am vergangenen Freitag brachte die „Mariahilfer Straße 10-18 Immobilien GmbH“ beim Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag ein. Dabei handelt es sich um die Projektfirma für das mehrere Hundert Millionen Euro schwere Großvorhaben, das derzeit als wenig attraktiver Rohbau an Wiens wichtigster Einkaufmeile steht. Damit erreicht die Signa-Pleiten-Kaskade erstmals in Österreich die tatsächliche Immobilien-Ebene der Firmengruppe. Die bisherigen Insolvenzanträge und Sanierungsverfahren betrafen nämlich entweder übergeordnete Holdings oder zwischengeschaltete Managementfirmen.
Betongold zu Geld machen
Nun naht die also Stunde der Wahrheit: Lässt sich das Betongold der Signa in ausreichendem Maße zu Geld machen? Die Antwort auf diese Frage ist entscheidend für eine – einigermaßen geregelte – Sanierung der Gruppe. Jetzt wird man sehen, ob sich für ein Vorzeigeprojekt wie das „Lamarr“, das übrigens gemeinsam mit Partnern aus Thailand entstehen soll, Investoren finden. Und wenn ja, wie viel Geld diese dafür auf den Tisch legen.
Die Immobilie ist im Grundbuch mit Pfandrechten von bis zu 390 Millionen Euro belastet – 295 Millionen Euro davon entfallen auf UniCredit Bank Austria AG, die restlichen 95 Millionen Euro auf die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Per Ende 2022 waren in der Bilanz rund 253 Millionen Euro an Verbindlichkeiten vermerkt. Ein Kaufpreis müsste also zumindest diese Hürde überspringen, damit die Gläubiger mit einem blauen Auge davonkommen. (Sollten die bisherigen Hälftepartner aus Thailand den Signa-Anteil übernehmen, müsste dies natürlich ebenfalls in passender Höhe erfolgen.)
Seit Längerem wird darauf gehofft, dass bisherige Signa-Investoren oder -Partner auf die Filetstücke der Gruppe aus sein könnten und diese zu ordentlichen Preisen herauskaufen. Bis dato hat sich noch niemand aus der Deckung gewagt. Potenzielle Interessenten spekulieren wohl auch darauf, dass der Preis immer weiter sinkt, je länger sie zuwarten. Irgendwann aber müssen die Karten auf den Tisch. Und die „Lamarr“-Pleite könnte diese entscheidende Phase einläuten.
Darüber wird in der „Signa Times“ vermutlich nichts mehr zu lesen sein. Viele Ausgaben der quartalsweise erscheinenden Unternehmenszeitung dürfte es nach dem März 2023 nicht mehr gegeben haben. „Signa Times“ are over.