Morgenpost

Die FPÖ regiert, die SPÖ rückt nach links

Die Politlandschaft in Österreich sortiert sich neu – und wird polarisierter.

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Riesig war der Protest nicht gerade: Sechs Aktivisten demonstrierten am Mittwoch vormittag in der Salzburger Innenstadt gegen die Angelobung der neuen schwarz-blauen Landesregierung – mehr begab sich nicht, war doch rund um den Regierungssitz Chiemseehof ein Versammlungsverbot verhängt worden. Mit der Wahl der neuen Regierungsmitglieder durch den Landtag, jeweils geschlossen gegen die Stimmen der Opposition, ist es nun auch formell fix: In Salzburg regiert erstmals eine Koalition aus ÖVP und FPÖ, FPÖ-Obfrau Marlene Svazek ist Stellvertreterin von Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Der 67-jährige ÖVP-Politiker startet damit, nach Koalitionen mit Grünen und Neos, in seine dritte Amtszeit – die er aber wohl nicht vollenden wird: Mit dem 35-Jährigen Stefan Schnöll, am Mittwoch ebenfalls als Stellvertreter Haslauers angelobt, ist der Nachfolger bereits designiert, Schnöll hat nun jene Ressorts inne, in denen ein künftiger Landeshauptmann sattelfest sein muss: Wirtschaft, Tourismus, Gemeinden, Kultur.

Parteiinsider wissen zu berichten, dass Kronprinz Schnöll fast schon am Wahlsonntag hätte übernehmen sollen – in jenen Stunden am Wahltag Ende April, als erste Ergebnisse aus den traditionellen FPÖ-Hochburgen im Lungau sogar einen Absturz der ÖVP auf Platz 2 hinter der FPÖ andeuteten. Damals soll Haslauer mit Schnöll über einen sofortigen Wechsel diskutiert haben. Offiziell bestätigen will das niemand. Es kam jedenfalls anders, Haslauer blieb Landeshauptmann – auch, weil die ÖVP stärkste Partei blieb.

Mit der Angelobung von Schwarz-Blau in Salzburg ist die Reihe der Regierungsbildungen nach den Landtagswahlen abgeschlossen. Und der Farb-Trend eindeutig: Grün raus, Blau rein. Die Grünen flogen in Tirol und Salzburg aus den Landesregierungen, in Kärnten scheiterten sie überhaupt am Einzug in den Landtag. In drei Bundesländern – Salzburg, Niederösterreich und Oberösterreich – regiert die ÖVP mit den Freiheitlichen. Gleich oft wie mit der SPÖ, die früher dominante Große Koalition führt die Landesregierungen in Kärnten, Tirol und der Steiermark. Schwarz-Grün in Vorarlberg stellt sich 2024 der Wahl, SPÖ-Neos in Wien 2025, im Burgenland regiert die SPÖ bis 2025 mit absoluter Mehrheit. Wie lange die ÖVP-Grüne-Bundesregierung durchhält, darauf werden Wetten angenommen, planmäßig findet die nächste Nationalratswahl im Herbst statt.

Egal, wie lange die Wahlpause dauert: Mit dem Aufstieg der FPÖ zur Regierungspartei in drei Bundesländern und der Kür von Andreas Babler zum neuen SPÖ-Chef steht bereits jetzt fest – die Politlandschaft ist polarisierter geworden und sortiert sich gerade neu. Babler fährt einen deutlich kantigeren Kurs als Vorgängerin Pamela Rendi-Wagner, rückt die SPÖ mit Themen wie Vermögenssteuern oder Arbeitszeitverkürzung akzentuierter nach links.

Das ist ein Experiment mit offenem Ausgang, auch deshalb, weil nicht alle in der SPÖ die neue Linie beklatschen – und die politische Konkurrenz scharf gegen Babler schießt, allen voran ÖVP und FPÖ. Mit Rechtspopulismus hat Österreich jahrzehntelange Erfahrung – kann aber auch links Proteststimmen sammeln? Oder bleibt die FPÖ die politische Zornsammelstelle Nummer 1?

In Salzburg ist die Frage bereits beantwortet: Dort waren – neben der FPÖ – die Kommunisten Wahlsieger.

Haben Sie einen schönen Donnerstag!

Eva Linsinger

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin