Die müde Therme und der heiße Krieg
Mein Blick fällt immer häufiger auf die alte Gasttherme in einer Ecke unseres Badezimmers. Wie lang wird sie es noch machen? Kann sie der Langsamkeit der österreichischen Klimapolitik standhalten? Bei der letzten Inspektion klopfte der Wartungsmann anerkennend auf ihren leicht angekratzten, aber immer noch glänzenden Thermenkörper: "Fast 30 Jahre alt, aber immer noch gut beieinander; besser als das billig hergestellte Zeug, das in den vergangenen Jahren verkauft wird. Ich rate Ihnen, sie nicht auszuwechseln, das einzige Problem könnten bestimmte Ersatzteile sein, die nicht mehr im Handel erhältlich sind, aber da kenne ich jemanden", sagte er und schob mir seinen Geheimtipp hin wie die Adresse eines Drogenhändlers. Den Zettel hüte ich wie meinen Augapfel. Ich will, dass meine alte, müde Therme, die im neuen profil abgebildet ist, durchhält.
Sie soll nicht schlappmachen so kurz vor dem Ziel. Aber das wird sie nicht schaffen. Nach den Plänen von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler von den Grünen sollen Gasheizungen schrittweise verboten werden, aber das zieht sich. Schlimmstenfalls bis 2040. Eine Million Thermen gibt es in ganz Österreich, meine ist vermutlich eine der ältesten. Über die Frage, wer die Umrüstung fossiler Gasheizungen zahlen soll, der Mieter, der Vermieter, der Staat, wird zur Zeit heftig gestritten. Und was ist mit sogenannten Übergangsthermen? Und welche Zukunft der Gasherd hat, lesen Sie im neuen profil.
Müdigkeit hat auch die Gesellschaften des Westens erfasst. Kriegsmüdigkeit. Die Verteidigung der Ukraine gegen den russischen Aggressor werde „zusehends nicht mehr als heldenhaftes Unterfangen angesehen, sondern als Ärgernis, das einem raschen Friedensschluss im Weg stehe“, analysiert Robert Treichler unter Hinweis auf eine Studie der Politikwissenschafter Ivan Krastev und Mark Leonhard. „Jetzt herrscht Katerstimmung - Will der Westen seinen Werten treu bleiben, müsse er direkt in den Krieg eingreifen“ meint der Militärexperte Markus Reisner im Interview mit Siobhan Geets.
Da braucht es seelischen Trost: Hören Sie hinein in den Podcast der großartigen, widerständigen, russischen Kriegsgegnerin Irina Scherbakowa, die nach einem aufsehenerregenden ORF-Interview in den ersten Kriegstagen nach Israel flüchtete, weil sie die Vorstellung nicht ertrug, „wieder schweigen zu müssen“.
Trost gibt sicher auch „Eton Mess“, ein britisches Dessert aus Erdbeeren, Baiser, Vanille und Schlagobers. Wenn Sie Klaus Kamolz folgen, gelingt das Wunder.
Einen kühlen Tag, wünscht Ihnen
Christa Zöchling