Mikrofon
Morgenpost

Mikro-Aggressionen

Jetzt ist es fix: US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Kamala Harris stehen sich am 10. September im TV-Duell gegenüber – mit teilweise stummgeschalteten Mikrofonen.
Eva  Sager

Von Eva Sager

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Friedrich Schiller hat gesagt: „Wer klug ist, lerne schweigen und gehorchen.“ Donald Trump, seinerseits republikanischer US-Präsidentschaftskandidat, hat damit erwiesenermaßen so seine Probleme. Zum einen: Er schweigt nicht sonderlich gerne. Und wirklich etwas sagen lässt er sich erst recht nicht. Das macht so ein TV-Duell zu einer heiklen Angelegenheit. Lange hat man sich mit den Demokraten über das Regelwerk gestritten, das bei der Diskussionsrunde  am 10. September (Ortszeit/11. September MESZ) auf dem US-Sender ABC zur Anwendung kommen soll. Jetzt gibt es eine Einigung, und Trumps demokratische Kontrahentin Kamala Harris hat, so scheint es zumindest, nachgegeben. 

Zusammengefasst: Es ging um die Mikrofone. Jene wollte Trumps Wahlkampfteam stumm geschaltet wissen, wenn der politische Gegner gerade spricht. So war es schließlich auch beim vergangenen TV-Duell zwischen Trump und dem damaligen demokratischen Präsidentschaftsbewerber, US-Präsident Joe Biden, auf CNN. Bidens Team hatte damals mit der Regelung verhindern wollen, dass Trump den 81 Jahre alten Demokraten ständig unterbreche. Herausgekommen ist allerdings etwas anderes: Durch das auferlegte Schweigegebot wirkte Trump um einiges kontrollierter. 

Ein Sprecher von Harris’ Wahlkampfteam hatte deshalb vergangene Woche mitgeteilt, man bevorzuge es, wenn die Mikrofone beider Kandidaten während der gesamten Übertragung eingeschaltet blieben. „Wir gehen davon aus, dass Trumps Berater das stumme Mikrofon bevorzugen, weil sie nicht glauben, dass ihr Kandidat sich 90 Minuten lang präsidial verhalten kann“, erklärte man in einem Statement. Ganz Friedrich Schiller also. 

Trump war über die vorgeschlagene Regeländerung nicht sonderlich erfreut. Nach großer Aufregung drohte er indirekt damit, die ganze TV-Debatte ganz abzublasen. Nun haben sich die beiden Präsidentschaftskandidaten geeinigt: Die Mikrofone bleiben aus, wenn der andere spricht – getreu nach dem deutschen Sprichtwort: „Besser stumm als dumm“.

ABC kündigte an, dass die Debatte 90 Minuten dauern werde, zwei Werbepausen seien geplant. Eröffnungsstatements gibt es keine, zwei Minuten bleiben den Kandidaten aber für eine Schlusserklärung. Außerdem: „Requisiten oder vorformulierte Notizen sind auf der Bühne nicht erlaubt.“ Harris und Trump werden jeweils ein Stift, ein Block Papier und eine Flasche Wasser bereitgestellt. Für die Beantwortung der Fragen sind zwei Minuten vorgesehen, zwei Minuten für Widerlegungen durch den anderen Kandidaten und eine weitere Minute für Nachfragen oder Klarstellungen.

Mittlerweile lässt sich offenbar jede Diskussionsrunde auch technisch verorten. William Shakespeare würde wahrscheinlich an dieser Stelle wohl ergänzen: „Der Rest ist Schweigen.“ 

Eva  Sager

Eva Sager

seit November 2023 im Digitalteam. Schreibt über Gesellschaft und Gegenwart.