Aufgewacht
Morgenpost

Donald Trumps Teflon-Resistenz trotz 34 Anklagepunkten

Donald Trump steht zur Zeit auf Grund diverser Schweigegeld-Zahlungen wegen Sexaffären mit Stormy Daniels und anderen vor Gericht. Seinen Umfragewerten schadet der Prozess kaum. Taylor Swift weiß, warum.

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Für die Dauer eines Prozesses gilt in den USA Ess-und Trinkverbot im Gerichtssaal. Was Donald Trump schon mehrfach im Zuge stundenlanger Zeugenvernehmungen auf der Anklagebank in den Nickerchen-Modus gleiten ließ. Schließlich trinkt der Mann im Schnitt zwölf Dosen Diät-Cola täglich, um sich in Mobilisierungsstimmung zu halten. Durch den Koffein-Entzug zeigte der sichtlich angeschlagene Trump solche Spuren der Schwäche, dass er sogar von den Moderatoren von Fox News dafür milde gerügt wurde.

An seinem Image dürfte der Prozess, in dem Trump sich wegen „Hush money”-Transaktionen, also Schweigegeldzahlungen, bezüglich seiner früheren Affären mit dem Pornostar „Stormy Daniels” und dem Playboy-Model Karen McDougal, während seines ersten Wahlkampfs 2016, zu verantworten hat, wenig rütteln. Einer der Kronzeugen ist der ehemalige Herausgeber des Schund-und-Sünden-Blatts „National Enquirer” David Pecker, der für Trump als „Catch-and-kill”-Beauftragter komprimitierende Sexabenteuer des damaligen Präsidentschaftskandidaten vom Markt kaufte. „Ein völlig normales Vorgehen” wetterte Trumps Verteidiger  Todd Blanche, „unter Reichen und Berühmten.” Dass man mittels dieser Methode einen Wahlkampf beeinlussen möge, nenne man einfach „Demokratie”.  

Die Frage aller Fragen: Kann ein Mann, der gegenwärtig insgesamt wegen 34 Anklagepunkten in Manhattan vor Gericht steht, tatsächlich für das Amt des amerikanischen Präsidenten kandidieren und darf er im Fall eines Wahlsiegs diesen Job dann auch ausüben?

Die Antwort ist laut „New York Times” simpel: Ja! So surreal das auch anmuten muss, er kann und darf.Die Berufs-Voraussetzungen für das oberste Amt in der ersten Supermacht auf diesem Planeten muten laut Verfassung erstaunlich bescheiden an: Amerikanischer Staatsbürger, der nachweislich die letzten 14 Jahre auch in den USA gelebt haben muss, Mindestalter 35 (für das Höchstalter scheinen offensichtlich keine Grenzen gesetzt – Trump wird demnächst 78, Joe Biden ist 81 Jahre alt). Und, das ist auch schon der erstaunlichste Punkt: „Es gibt keinerlei Restriktionen, was das Strafregister betrifft.”  

 Das wirft auch schon die nächste Frage auf: Was macht Trump noch immer so sexy bzw. attraktiv, dass, so aktuelle Umfrageschätzungen , zwischen sechzig und achtzig  Millionen Amerikaner ihm im November (sollte er am Nominierungsparteitag der Republikaner im Juni aufgestellt werden, was nahezu sicher passieren wird) ihre Stimme geben werden?

Möglicherweise ist es tatsächlich seine Psychopathologie. Dass Trump an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden muss, attestierten ihm während seiner ersten Präsidentschaft sogar jene Psychiater, die üblicherweise Ferndiagnosen als klare Verletzung des Berufsethos empfinden. Beim manchen Seminaren für Persönlichkeitsstörungen wurden Trumps Auftritte an Universitäten sogar als Unterrichtsmaterial eingesetzt.

Narzissten im Spektrum der Störung sind, wie man aus der Fachliteratur längst weiß, extrem manipulativ, völlig kritikresistent, impulsiv-aggressiv und letztlich auch schwer bis gar nicht therapierbar, wie Otto A. Kernberg, gebürtiger Wiener und weltbekannter Narzissmusforscher, schon vor Jahren in einem profil-Interview erklärte. Sich selbst einzugestehen, Hilfe notwendig zu haben, kommt nämlich per se einer narzisstischen Kränkung gleich. Oder in die klaren Worte von Donald Trump gefasst: „Ich bin überzeugt, dass ich und nur ich der beste Berater für mich selbst bin.“

Eine einleuchtende Antwort, warum der Mann mit der orangefarbenen Gesichtsfarbe (Tanning-Team-Katastrophe), der schon als Schüler seinem Musiklehrer ein blaues Auge schlug, „weil ich eben gerne meine Meinung durchsetze”, noch immer durch das Radarsystem der Weltpolitik flattert und Siegerchancen hat, gibt möglicherweise Popstar Taylor Swift im Titelsong ihres neuen Albums „Tortured Poets Department”. Dort trällert die bekennende Demokratin „We are modern idiots”. 

Angelika   Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort