Ein Hoch auf die Nachkriegsarchitektur
Eine dichte dicke herbstliche Nebelschicht liegt schon seit ein paar Tagen über Wien. Der Herbst hat sich es gemütlich gemacht, höchste Zeit sich noch einmal an den Sommer zu erinnern. Der war heuer überdurchschnittlich heiß, ein Hitzerekord folgte dem nächsten und der Zicksee war kein See mehr.
Nach schweißtreibenden Wegen durch Wiener Straßen mit Gründerzeithäusern – sogenannte Hitzeinseln – wuchs diesen Sommer meine Begeisterung für Wiener Häuser aus den 50er bis 70er Jahren. Nur wenige würden sie als Augenweide bezeichnen, die Bausubstanz fällt eher in die Kategorie schnell und billig gebaut. Aber: Es gibt Bäume, abkühlende Lüfte, viele Balkons und vor allem Schatten.
Sogar auf Google Maps zeigen sich die Vorzüge der Wohnhausanlage Vorgartenstraße 158-170. Die Blockförmigen Bauten, die nicht parallel zur Straße stehen, werfen wunderbare Schatten, in denen man sitzen, jausnen oder entspannt durchgehen kann. Ein zweites Paradebeispiel ist die kurz danach gebaute Siedlung am Eisenstadtplatz in Wien Favoriten. Auch hier gibt es drei Bäume, ein Hausblock, drei Bäume, ein Block - sprich Schatten und Luft im Sommer. Gebaut wurden beide Ende der 50er bis Mitte der 60er Jahre unter der Ägide von Roland Rainer als Stadtplaner Wiens.
Zugegebenermaßen ein Nachteil dieser Häuser ist: Sie schaffen zwar Luft an heißen Tagen, aber wenig schöne Plätze zum Aufhalten und Verweilen. Anders im einige Jahrzehnte später gebauten Sonnwendviertel. In dessen Zentrum liegt eine große Wiese, in der sich Alt und Jung treffen und mitunter auch gemeinsam schwitzen. Daher als Denkanstoß: Wir müssen uns überlegen, wie die Stadt auch in ein paar Jahren im Sommer so lebenswert bleibt. Was hat sich denn ihrer Meinung noch bewährt? Wo wirken sich Fehler der Vergangenheit besonders aus? Und wo gibt es noch versteckte Vorzüge, die sich erst auf den zweiten Blick erschließen? Schreiben Sie uns doch!
Es ist Freitag, also steht auch der Redaktionsschluss an und die nächste Ausgabe bevor. Siobhán Geets und Edith Meinhart haben mit Indern gesprochen, die in Österreich um Asyl ansuchen, aber eigentlich arbeiten wollen, mit Ukrainerinnen, die geflüchtet sind, und mit Vlad, einem von Zigtausenden Russen, der der Mobilmachung in seiner Heimat entkommen ist. ÖVP-Innenminister Karner sagt im Interview, wir seien an der Grenze der Belastbarkeit. Das stimmt in manchen Bereichen, aber es ist teilweise auch selbst verschuldet, analysieren die Beiden. Zu lesen am Samstag als E-Paper, ab Sonntag im Abo und laufend auf profil.at!
Einen schattigen Freitag und ein sonniges Wochenende wünscht,
Clara Peterlik