Enthüllungsbücher: Harry, Gänswein – und bald Doskozil?
Normalerweise fürchten sie im Vatikan Illuminati und Kommunisten – derzeit aber einen der ihren: Georg Gänswein, Bischof, beurlaubter Präfekt des Päpstlichen Haushaltes, langjähriger Sekretär des zu Silvester verblichenen Benedikt XVI.. Der „fesche Schorsch“ veröffentlicht dieser Tage ein Buch (Titel: „Nichts als die Wahrheit“) über die offenbar konfliktbeladene Beziehung zwischen dem Ex-Papst und dessen Nachfolger. Profan formuliert: Für Benedikts Geschmack war Franziskus zu woke, weil dieser alte Messe-Riten ablehnt und sich offen für Gender-Fragen zeigt – abgesehen vom Priesteramt natürlich. Auch unter Päpsten geht es offenbar nicht anders zu als bei – sagen wir – Royals, wie wir nun dank Prinz Harry wissen, der dieser Tage ebenfalls ein Buch mit Wahrheitsanspruch veröffentlicht. Gleich Benedikt entschied sich Harry einst, aus einem hohen Amt zu emeritieren. In seinem Buch (Titel: „Reserve“) behandelt der Prinz ebenfalls persönliche Konflikte. Nur „die Wahrheit“ könne „Frieden zwischen ihm und der königlichen Familie bringen“, sagte Harry in einem Interview. Sein Vater, der König, und sein Bruder, der Thronfolger, sehen das wahrscheinlich anders.
Zwist im roten Haus
Ein Hirtenstreit im Vatikan, ein Bruderzwist im Hause Windsor – das erinnert, wenn auch mit weniger Glamour, an die Auseinandersetzungen in der heimischen Sozialdemokratie. Die Rolle des Harry spielt dabei Hans Peter Doskozil. Wie der Prinz weiß auch der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann nicht ganz, ob er zu seiner angestammten Familie gehören will oder nicht. Daher nervt er das Familienoberhaupt, Queen Pamela, ohne Unterlass, die diese Qual allerdings mit fast elisabethanischer Ruhe erträgt.
Laut einem „Kurier“-Bericht arbeitet Doskozil derzeit an seiner Biografie. Eigentlich hätte das Buch bereits im Vorjahr erscheinen sollen, vielleicht tüftelt der Landeshauptmann noch an einem passenden Titel. Irgendetwas mit „Wahrheit“ würde sich aufdrängen, um die nicht nur Päpste, Bischöfe und Prinzen ringen, sondern auch Österreichs Genossen. Was gestern galt, muss heute nicht mehr zumutbar sein – man denke an das Migrationsthema! Über die dazugehörige rote Lehre diskutierte die SPÖ vergangene Woche bei ihrer Klausur in Klagenfurt. Der Landeshauptmann, der in Flüchtlingsfragen eine andere Glaubensrichtung vertritt als Pamela und Franziskus, schwänzte das Konzil.
Tödliches Geschwätz
Allerdings muss die SPÖ vor Doskozils Enthüllungsbuch weniger zittern als der Vatikan wegen Gänswein oder der Buckingham-Palast vor Harry. Dass Rendi-Wagner aus Doskozils Sicht zu woke ist, wissen wir bereits. Ausschließen kann man wohl auch, dass die Parteivorsitzende den Landeshauptmann einmal im Furor niederschlug, allein schon wegen der unterschiedlichen Gewichtsklassen. Denkbar wäre, dass Rendi-Wagner in SPÖ-Vorstandssitzungen regelmäßig kränkende Burgenländer-Witze erzählt. Auch das sollte Doskozil verkraften, schließlich war er einmal Verteidigungsminister.
Noch hofft man in der katholischen Kirche, Gänswein könnte sein Buch im letzten Moment zurückziehen. Papst Franziskus schweigt, äußerte sich in seiner Sonntagspredigt allerdings kryptisch: „Das Geschwätz ist eine tödliche Waffe: Es tötet, es tötet die Liebe, es tötet die Gesellschaft, es tötet die Geschwisterlichkeit.“ Das sei auch Hans Peter Doskozil ins Stammbuch geschrieben. Denn im Gegensatz zu Benedikt und Harry wird Rendi-Wagner ihr Amt nicht freiwillig aufgeben.
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Gernot Bauer