Geht’s uns noch irgendwie?
Glaube, Liebe, Hoffnung als Titelthemen unserer Oster-Ausgabe?
Geht’s uns noch irgendwie? Wirbelt nicht gerade die Welt durch die Luft ?
Lässt die Inflation nicht gerade eineinhalb Millionen Menschen bei uns in die Armut schlittern?
Und beweist die aktuelle comédie humaine rund um Österreichs Mini-Murdoch-Dynastien und den ehemaligen Kurz-Lakaien Thomas Schmid nicht erneut, dass Gier und Glamour Geschwisterpaare sind und im „ersten Stock” (um Nestroys Metapher für die Oberschicht zu strapazieren) das Moralverständnis von einer so erstaunlichen wie schockierenden Situationselastizität geprägt ist? „Verlorene Illusionen” heißt ein Roman von Honoré de Balzac, der Intrigen und Korruption im Journaille-Milieu beleuchtet, er entstand Mitte des 19. Jahrhunderts, und kann als Begleit-Lektüre zu den Chat-Dramolettchen, von denen es mit SIcherheit noch mehr geben wird, empfohlen werden. Stay tuned!
Ein Lektüre-Paket voller Essays, Interviews und Analysen zu den großen, eingangs erwähnten Menschheitsthemen legen wir auch Ihnen ins Osternest.
Beginnen wir mit dem Treibstoff für allen möglichen Unfug und gleichzeitig der Ursache der größten Kränkungen – der Liebe. Nina Horowitz, ehemalige profil-Redakteurin, kennt die Liebe in all ihren Sonnen- und Schattenfacetten. Sebastian Hofer traf sie zu einem Erfahrungsgespräch und Anekdoten, denn schließlich bereichert Horowitz seit 2020 in Nachfolge der verstorbenen Elizabeth T. Spira den ORF-Hauptabend mit ihren köstlichen „Liebesg’schichten und Heiratssachen”. Eine Erkenntnis (von vielen) aus der Story: Männer sind gar nicht so... Zwar neigen sie bisweilen zu eindimensionale Wunschmerkmalen für die Traumpartnerin wie „tolle Kurven und sie soll bitte nicht in der Früh mürrisch sein”. Wenn’s hart auf hart geht, zeigen sie dann durchaus auch Talent zu Sentimentalitäten in Form von Marmeladebroten und Rückenmassagen.
Gernot Bauer begibt sich auf Spurensuche mehr oder weniger großen Romanzen in der internationalen und österreichischen Politszene. Ein bisschen Gossip muss auch in einem Qualitätsmedium drinnen sein. Außerdem ist der Arbeitsplatz (neben dem Netz) noch immer der effizienteste Spielplatz für zwischengeschlechtliche Flirtoffensiven mit glücklichem Ausgang. In seiner Beziehungs-Schau zeigt er auch, dass quer durch die Partei-Coleurs die Herzen höher schlagen können. Beispielsweise attackierte die Vorarlberger SPÖ-Landesparteivorsitzende Gabriele Sprickler-Falschlunger die Corona-Politik des grünen Gesundheitsministers Johannes Rauch öffentlich. Da der zufällig auch ihr Ehemann ist, besitzt eine gewisse frivole Note. Romantisch vorne dabei und als großgeistig erweist sich der gescholtene Gatte: „Ich liebe meine Frau. Sie hat eine andere Meinung. Und das ist auch gut so.” Wunderbar. Wird es in dieser Nonchalance nicht in vielen Haushalten geben.
Den Glauben an Wunder will der Wiener Dompfarrer Toni Faber, sowas wie der Popstars unter Wiens Geistlichen, ermöglichen, der im Interview durchaus Keulenschläge der Kritik gegen die eigene Institution los lässt. Besonders erzürnt in die latente Homphobie innerhalb der katholischen Kirche: „Mir ist völlig egal, ob jemand hetero- oder homosexuell ist, nur fällt es manchmal auf, dass die besonders laut gegen diese Lebensform wettern, die selbst dazu gehören. Das ist eine Scheinheiligkeit, die uns nicht gut ansteht.”
Dass liberale Offenheit der Imagepolitur der Kirche mehr als gut tut, zeigt, dass Faber führend bei der Akquise der Wiedereintritte ist: „Ich sehe mich als eine Art Werkzeug, das den Menschen die Verbitterung gegen die Kirche nehmen soll.”
Und dann gibt es noch ein fettes Kapitel über die Hoffnung. Da halten wir uns aber noch bedeckt. Denn natürlich hoffen wir, dass Sie am Freitag das aktuelle Heft in der Trafik oder im Supermarkt holen oder sich selbst ein Osterei mit einem Jahres-Abo legen. Beste Kalorien für den Geist.
Entspannte Feiertage wünscht
Angelika Hager