Morgenpost

Hitzewelle im Winter: Wenn sich Wien anfühlt wie Skopje

Österreich und Europa erleben den wärmsten Jänner seit Messbeginn. Warum wir uns an Schneebänder und Skifahren im Sumpf gewöhnen müssen.

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Würde es im Guinness-Buch der Weltrekorde Einträge für Monate geben, dann hätte der Jänner 2023 bereits jetzt einen Stockerlplatz. 18 Grad verzeichnete die Wetterstation auf der Hohen Wand in Niederösterreich laut UBIMET zum Jahreswechsel, knapp 12 Grad waren es in St. Anton am Arlberg und 6 Grad am Pitztaler Gletscher. 

Aber nicht nur unsere Skigebiete schmelzen dahin; in ganz Europa wurden rund um Neujahr tausende Temperaturrekorde gebrochen. Lettland, Tschechien, Dänemark, Polen, die Niederlande -  weite Teile Mitteleuropas starteten mit bis zu 20 Grad und somit Sommertemperaturen ins neue Jahr. “Winterhitzewelle” nennen Meteorologinnen und Meteorologen dieses seit Messbeginn noch nie aufgetretene Phänomen - und es sollte uns zu denken geben.

Der Klimatologe Maximiliano Herrera bezeichnet diese Wärmeperiode als “das extremste Wetterereignis seit Beginn der Klimatologie''. Der warme Jänner 2023 ist die Fortsetzung des Hitzejahres 2022, das geprägt war von Waldbränden, Wasserknappheit und Ernteausfällen. Der aktuelle Hitzedom über Europa sei laut Herrera zwar auf spezielle Wetterlagen zurückzuführen, allerdings gebe es eine bewiesene Verbindung zwischen dem Verbrennen fossiler Brennstoffe und den weltweit steigenden Temperaturen. “Die aktuellen Rekordtemperaturen in Europa wurden durch den Mensch-verursachten Klimawandel noch einmal verstärkt”, sagt Friederike Otto vom Imperial College London in einem Interview mit der britischen Times. “Genauso wie jede Hitzewelle durch den Klimawandel nur noch extremer wird”. 

Österreich am stärksten betroffen

Hierzulande sind die berühmt-berüchtigten Schneebänder zurück. Vielen Skigebieten in Österreich fehlt derzeit ganz einfach der Schnee. Kitzbühel, Zell am See oder die Brunneralm in der Steiermark sind momentan eher grünlich-braun als blitzweiß. Skikurse mussten wegen des Schneemangels abgesagt werden, Langlaufen ist in vielen Tälern unmöglich und manche Skigebiete haben erst gar nicht aufgesperrt. Ist das der Anfang der neuen Klima-Realität?

Das Statistik-Portal Statista veröffentlichte vor Kurzem, wie sich die Temperaturen in Europas Hauptstädten in den nächsten 30 Jahren verändern werden. Und hier fällt eines auf: Wien liegt auf Platz eins. Mit einem Plus von über 7 Grad wird sich die Bundeshauptstadt 2050 anfühlen wie die nordmazedonische Hauptstadt Skopje.

Die Alpen - und somit Österreich - zählen zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen Europas. In den letzten 120 Jahren ist die Durchschnittstemperatur um rund 2 Grad gestiegen, doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt. Eine Hiobsbotschaft für den strauchelnden Wintertourismus. In den Weihnachtsferien werden in manchen Skigebieten bis zu 30 Prozent des Jahresumsatzes generiert. Es ist ein herber Verlust für Skiliftbetreiber und Gastronomiebetriebe, wenn das Weihnachtsgeschäft ins Wasser fällt. 

Ein globaler und aktiver Klimaschutz mit klaren politischen Ansagen ist jetzt notwendiger denn je. Doch genau hier hapert es noch, wie auch profil-Recherchen ergaben. Zu kaum einem anderen Thema wurden dieses Jahr so viele widersprüchliche Informationen verbreitet wie zum Klima.

Es sind aber auch Fortschritte in Sachen Klimaschutz zu verzeichnen, wie Franziska Dzugan im aktuellen Klimapodcast erzählt. Und das gibt etwas Hoffnung. Hoffnung darauf, sich nicht an Schneebänder und Temperaturen wie am Balkan hier in Österreich gewöhnen zu müssen.

Übrigens: Die aktuelle Winterhitzewelle sollte sich ab heute leicht entspannen. Zumindest in höheren Lagen wird die Temperatur ein wenig zurückgehen. Neuschnee ist aber keiner in Sicht. 

Einen schönen Mittwoch wünscht

Maximilian Mayerhofer 

Maximilian Mayerhofer

Maximilian Mayerhofer

war bis Mai 2023 Online-Redakteur bei profil. Davor war er beim TV-Sender PULS 4 tätig.