Morgenpost

Schuld und Sühne

Die profil-Covergeschichte „Menschenjäger“; ein brisantes Urteil, das eine der wichtigsten Wahlen beeinflussen könnte; und: Yippie, profil feiert!

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„Menschenjäger“, die Cover-Story der aktuellen profil-Ausgabe beginnt in einem Waldstück nahe der Pyhrn-Autobahn A9 südlich von Graz, in Schachenwald bei Unterpremstätten. Hier ereignet sich am 24. Juli des vergangenen Jahres ein Gewaltverbrechen. Ein 44 Jahre alter, homosexueller Mann wird unter dem Vorwand eines Dates an diesen in der Szene bekannten Treffpunkt gelockt. Als er dort eintrifft, schlagen ihn Maskierte brutal zusammen und entwenden sein Mobiltelefon. Was zunächst aussieht wie ein Raubüberfall, entpuppt sich nach Ermittlungen der steirischen Polizei bald als Hassverbrechen, hinter dem ein perfides System steckt. Die Polizei forschte bisher 20 Personen in ganz Österreich aus, die verdächtigt werden, an ähnlichen Gewalttaten beteiligt gewesen zu sein. Für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Die Recherchen der profil-Redakteurinnen Daniela Breščaković und Eva Sager fördern die Anatomie einer verbrecherischen Ideologie zu Tage, die Hass auf sexuelle Minderheiten mit Gewaltlust und einer besonders perversen Form der Selbstjustiz verbindet.

Die Verdächtigen nennen sich etwa „Pedo Hunters Austria“ und sehen sich selbst offenbar als eine Art Bürgerwehr gegen Pädophile. Tatsächlich steht keines der 17 Opfer, die von der Polizei eruiert werden konnten, mit Pädokriminalität in Zusammenhang. Die Täter, die meist dem rechtsextremen Milieu angehören, konstruieren bloß eine Pseudo-Rechtfertigung für ihre Gewaltorgien.

Breščaković und Sager konnten mit einem der Opfer sprechen, Videos der Taten sehen, die von den Tätern angefertigt wurden, und sie schildern die Hintergründe der „Pedo-Hunter“-Netzwerke. Diese breiten sich überall dort aus, wo Rechtsextreme dem Mythos verfallen, Homo- und Transsexualität ginge mit einer Gefährdung von Kindern einher, und linksgerichtete Regierungen würden aus Sympathie für queere Lebensformen den Kinderschutz bewusst vernachlässigen. Genährt wird ein derartiger Verschwörungsglaube durch politische Maßnahmen wie etwa das jüngst in Ungarn angekündigte Verbot der Pride Parade – begründet mit dem Schutz von Kindern.

Die Polizei vermutet, dass die Zahl der Gewalttaten der Pedo-Hunter-Bande höher ist als bisher bekannt. profil wird weiter berichten.  

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Am heutigen Montag fällt eine Entscheidung, die eine der wichtigsten Wahlen der kommenden Jahre beeinflussen könnte: Das Pariser Strafgericht wird das Urteil im Fall Marine Le Pen verkünden. Die dreimalige französische Präsidentschaftskandidatin der rechtsaußen angesiedelten Partei Rassemblement National, die auch bei den kommenden Wahlen im Jahr 2027 antreten will, ist der Korruption angeklagt. Sie soll gemeinsam mit Parteifreunden ein System aufgezogen haben, das dazu diente, Geld der Europäischen Union missbräuchlich für Parteizwecke zu verwenden anstatt für die Beschäftigung parlamentarischer Mitarbeiter im EU-Parlament. Für sie gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung. Die Staatsanwaltschaft verlangt neben einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren (drei davon auf Bewährung) auch den Entzug von Le Pens passivem Wahlrecht – also der Möglichkeit, ein öffentliches Amt zu bekleiden – für fünf Jahre.

Le Pens Chancen bei der Wahl 2027 werden als besser denn je eingeschätzt, kann ein Gerichtsurteil sie nun stoppen? Nach Meinung von Experten könnte das Gericht die Dauer der Unwählbarkeit so ansetzen, dass Le Pen doch antreten darf. In einem weniger hochrangigen Fall urteilte der Verfassungsrat, dass es im Ermessen der Richter liege, „die Freiheit der Wählerschaft zu erhalten“. Mit anderen Worten: Das letztgültige Urteil, ob jemand Präsident werden soll, möge das Volk sprechen.

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Noch was: Wir haben Geburtstag!

Als Abonnentin oder Abonnent der Morgenpost, unserer Digital-Angebote oder der Print-Ausgabe wissen Sie natürlich, dass die profil-Redaktion schon ziemlich lange Skandalen aller Art, kriminellen Umtrieben und politischen Affären hinterherspürt – und zum Glück auch erfreulicheren Phänomen unserer Zeit! Ziemlich lange? Präzise seit 55 Jahren, und das feiern wir ab Mai mit einer Veranstaltungsreihe im Wiener Theater Akzent. Karten (für Abo-Kunden ermäßigt!) und Infos gibt es hier.

Wir würden uns freuen, Sie zu sehen und mit Ihnen zu feiern!

Robert Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur