Kein Bundespräsident, sechs Kandidaten und Fakten im Fernsehen
Wissen Sie schon, wem Sie bei der Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober Ihre Stimme geben werden? Eine Entscheidungshilfe bieten sollte eine Spezialausgabe der ORF-Sendung „Im Zentrum“ am Sonntagabend, bei der sich sechs der sieben Kandidaten einer TV-Konfrontation stellten. Der amtierende Bundespräsident Alexander Van der Bellen blieb der Diskussion um Neutralität, EU oder Sanktionen gegen Russland als einziger Kandidat allerdings fern – um der Würde des Amtes nicht zu schaden, wie er sagt.
Aus demokratiepolitischen Gründen ist das zu bedauern. Immerhin hat Van der Bellen die Wahl erst noch zu gewinnen. Wenn man die Auftritte der restlichen Kandidaten betrachtet, ist seine Absenz allerdings verständlich. Denn deren Performance war mitunter mehr als bizarr – vor allem viele der gefallenen Argumente. Ein Auszug: Michael Brunner von der impfkritischen Partei MFG meinte - wenig überraschend - etwa mehrfach, dass das Covid-19-Vakzin „nicht wirksam“ sei. Der ehemalige FPÖ- und BZÖ-Politiker Gerald Grosz bezeichnete die EU als „Zentralanstalt abnormer Rechtsbrecher“. Seine Ausführung, der ehemalige Bundespräsident Franz Jonas hätte „am Höhepunkt des Kalten Krieges in Wien Chruschtschow und Kennedy empfangen“, ist schwer nachvollziehbar: Jonas wurde erst 1965 Bundespräsident – da war der amerikanische Präsident Kennedy bereits seit zwei Jahren tot. Und der Rechtsanwalt und „Krone“-Kolumnist Tassilo Wallentin bestritt vehement, sich selbst jemals als Klimaaktivist bezeichnet zu haben. Inwiefern er damit recht hat, lässt sich nicht so einfach beantworten. In einem Interview mit der Tageszeitung „heute“ wird er jedenfalls so zitiert.
Für die Entscheidung, wo man am 9. Oktober ein Kreuz am Wahlzettel macht, sind unbelegte Aussagen, krumme Argumente oder Halbwahrheiten allerdings keine verlässlichen Partner. Als bessere Orientierungshilfe dienen vielmehr harte Fakten. Seit fast einem Jahr gibt es inzwischen faktiv, den Faktencheck von profil, bei dem Aussagen von Politiker:innen auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden. Und: Seit gestern gibt es faktiv auch einmal wöchentlich im Fernsehen. In einer neuen Rubrik in der Nachrichtensendung „ORF III Aktuell“ blickt die Faktencheck-Redaktion gemeinsam mit ORF III auf die vergangene Woche: Was ist passiert, was wurde gesagt, welche Geschichte wurde erzählt?
In der gestrigen ersten Ausgabe von „Fakten mit profil“ erklärt mein Kollege Jakob Winter unter anderem, warum Fake-News gerade in Krisenzeiten Hochkonjunktur erleben und wie die Arbeit von Faktenchecker:innen überhaupt abläuft. Den Beitrag vom 12. September können Sie hier nachsehen. Nächste Woche geht es dann freilich faktenbasiert weiter. Denn, so viel sei gesagt, zur Prüfung geeignete (potenzielle) Falschmeldungen gehen uns nicht aus – wie die Diskussionsrunde mit den Präsidentschaftskandidaten anschaulich gezeigt hat.
Schalten Sie ein: „Fakten mit profil – Recherchen von faktiv und ORF III“ immer montags ab 12:30 Uhr auf ORF III.
Einen schönen Tag,
Katharina Zwins