Klarheit in Rot: Der nächste Versuch
Aus einem schwelenden Konflikt zwischen zwei Parteilagern ein völlig unüberschaubares Chaos mit zahllosen Unbekannten entstehen zu lassen, zählt wohl nicht zu den Glanzleistungen der SPÖ-Geschichte. Heute, Montag, wollen die Sozialdemokraten offiziell bekanntgeben, wer sich einer Mitgliederbefragung um die Parteispitze stellen will und darf. Einsendeschluss war bereits am Freitag. Berichten zufolge soll es mehr als siebzig Bewerber geben (fast ausschließlich männlich), bald werden wir mehr wissen.
Fest steht schon jetzt, dass das Match Pamela Rendi-Wagner gegen Hans Peter Doskozil zu einer völligen Entgleisung der SPÖ geführt hat. Offenbar tut sich die Partei nicht nur politisch schwer. Auch ihre internen Strukturen und Abläufe hat sie nicht im Griff. Das wiederum lässt Zweifel daran aufkommen, dass die Chaostage in Rot mit Bekanntgabe der Kandidatinnen und Kandidaten vorüber sein werden. Und man darf sicher sein: Allfällige Schwächen in der Umsetzung der Abstimmung werden von den vielen Verlierern gnadenlos ausgeschlachtet. Selbst wenn rechtliche Anfechtungen ausbleiben, muss die Parteiführung aufpassen, nicht gleich eine ganze Riege politischer Märtyrer zu schaffen. Von echter „Freundschaft“ wird bei den Sozialdemokraten noch lange keine Rede sein.
Gespannt sein darf man indes, ob die roten Turbulenzen demnächst ernsthafte schwarz-blaue Konkurrenz aus Niederösterreich erhalten. Dort beginnt die Zusammenarbeit zwischen der ÖVP und FPÖ gleich einmal mit unterschiedlichen Auslegungen zur Frage, ob eine „Waldviertel-Autobahn“ gebaut werden soll. Gottfried Waldhäusl von den Blauen ist der Meinung, er habe das in das Arbeitsübereinkommen mit der Volkspartei hineinverhandelt, der schwarze Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner will sich daran nicht erinnern.
Sackgasse statt Autobahn? Auch politisch gilt: Wie man sich bettet, so liegt man. Und bequem wird es die Volkspartei mit der wiedererstarkten FPÖ in den kommenden Jahren wohl nicht haben. „Die FPÖ-Niederösterreich ist Herbert Kickl pur", schreiben meine Kollegen Gernot Bauer und Jakob Winter im aktuellen profil. Und profil-Innenpolitik-Chefin Eva Linsinger skizziert in ihrem Leitartikel den möglichen Weg der FPÖ ins Kanzleramt – sofern ÖVP und SPÖ weiterhin „irrlichtern“ und „Politik zum Abgewöhnen“ bieten.