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Morgenpost

Können wir Krise?

Wie wir uns für ein schwieriges Jahr rüsten können.

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Als ich mit meinem Kollegen Sebastian Hofer vor einigen Wochen ein Interview mit dem aktuell erfolgreichsten österreichischen Popstar Marco Wanda, 35, Frontmann der Band mit dem gleichen Nachnamen, führte, kamen wir auf das Thema Selbstvertrauen zu sprechen.

Wanda-Konzerte haben inzwischen fast so was wie massentherapeutische Sessions, die Fans geraten dabei in eine Form der Ekstase, die manchmal fast etwas Unheimliches hat, und Marco ist inzwischen ein Spezialist für Stagediving, den Sprung von der Bühne in das Publikum, wo er wie eine Art Messias von der Menge geschultert wird. Kaum heute zu glauben, dass Michael Marco Fitzthum, so sein bürgerlicher Name, in seinen Anfängen ein schwaches Vertrauen in seine charismatische Strahlkraft besaß.

 „Ich war wahnsinnig unsicher in den ersten Jahren. Es hat sich sehr unnatürlich angefühlt, dass man da vorne steht und betrachtet wird”, erinnert er sich, „wenn ich mir anschaue, wer ich 2014 war, als das alles begonnen hat, dann war ich ein Typ in Lederjacke und zerrissenen Hosen, der seine ganze Unsicherheit mit dieser Rüstung überspielt hat. Und wenn man genau hinschaut, sieht man, wie ich die ersten drei Jahre meiner Karriere wie angewurzelt am Mikrofonständer gestanden bin, festgeklammert an dieses Ding, und versucht habe, mit meiner Interpretation eines Tom-Cruise-Blicks das ganze wenigstens hübsch ausschauen zu lassen.”

Das Gespräch gab den Ausschlag und die Idee, sich mit dem seelischen Kapital auseinanderzusetzen, das in Zeiten existentieller Krise, wirtschaftlicher Anspannung und subversiver Ängste, besonders wertvoll erscheint: dem Selbstvertrauen, der Fähigkeit, ungeachtet widriger äußerer Umstände auf seine eigene Gestaltungskraft zu setzen. Nachzulesen im ersten Heft des Jahres, das kommenden Sonntag für unsere Abonnenten vor der Tür liegen wird. Mit dem Thema Selbstvertrauen starten wir in der kommenden Ausgabe eine Serie mit dem Arbeitstitel „Ladestation”, die sich „lösungsorientiert” (ein sehr sperriges Wort) mit den wachsenden aktuellen psychischen Verwundungen und Durchlässigkeiten auseinandersetzt.  

Die Pandemie, die Isolation, das Wegbrechen angestammter Selbstverständlichkeiten, eine in die Höhe schießende Inflation, der brutale Krieg, der in nur wenigen hundert Kilometern Entfernung Menschen in den Tod oder in unvorstellbares Leid treibt, hat unsere seelischen Widerstandskraft in starke Mitleidenschaft gezogen. Wie Sie und wir diesen Herausforderungen am besten begegnen können, versuchen wir in vielen Gesprächen mit Erfolgsakrobaten, Psychiatern und Psychologen herauszufinden.

In Interviews mit Tennis-Ass Dominic Thiem, dessen Karriere auch immer wieder von Höhepunkten in verletzungsbedingte Talsohlen gerutscht war, dem Ausnahme Schauspieler Philipp Hochmair, der aus seiner Leseschwäche eine kreative Stärke zimmerte, und Experten für Entwicklungspsychologie kristallisierte sich eine tröstliche Erkenntnis: Niederlagen, Scheitern und Katastrophen erwiesen sich auch immer wieder als Startrampe für spätere Höhenflüge.

Die schlechte Nachricht: Selbstvertrauen ist nichts, was man von Glücks-Coaches und Lebenshilferatgebern hochgejazzt bekommen kann, die beste Kaderschmiede ist noch immer das Leben selbst.

Ganz im Sinn von Dominic Thiem, der uns schrieb: „Du brauchst nicht nur Selbstvertrauen, sondern auch eine gewisse Form von Durchhaltevermögen. Du musst vor allem auch dann weiter machen, wenn andere Leute sagen, dass man es nicht schaffen wird.”   

Es wird anstrengend 2023, aber wir bleiben dran. Und hoffentlich stabil.

Die besten Wünsche von unserer gesamten Redaktion für 2023, liebe Leser:innen. Wir freuen uns auf ein Jahr voller spannender Geschichten.

Ihre Angelika Hager

Angelika   Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort