Kürzt die Regierung das AMS-Frauenprogramm?
Im März 2021, kurz vor dem internationalen Frauentag, verkündeten Frauenministerin Susanne Raab und Arbeitsminister Martin Kocher ein AMS-Budget „in noch nie dagewesenem Umfang“: 60,5 Millionen Euro sollten in dem Coronajahr dem Arbeitsmarktservice für sein Frauenförderprogramm zur Verfügung stehen, fünf Millionen mehr als im Jahr zuvor. Eine „positive Diskriminierung“ sei das, sagte Kocher. Der Anteil des AMS-Budgets, der für Frauen reserviert ist, war größer als der Anteil an Frauen unter Arbeitslosen.
Das Geld kam an, das tut es immer noch. Mit diesen Mitteln werden zum Beispiel Ausbildungen im handwerklich-technischen Bereich gefördert und Beratungen in Frauen- und Mädchenberufszentren finanziert. Das AMS schließt dafür einjährige Verträge mit Beratungszentren und Organisationen ab, die diese Leistungen erbringen.
Doch seit Wochen halten sich hartnäckige Gerüchte, dass die AMS-Gelder und damit auch das Frauenförderprogramm massiv gekürzt werden könnten. Die schwarz-rote Landesregierung in Tirol kritisierte den Bund bereits für die potenziellen Einsparungen. Im Sommer verfassten auch mehrere Frauen- und Mädchenorganisationen einen Brief an Kocher, Raab und Finanzminister Markus Brunner. In dem schriftlichen Appell fordern sie die Regierung auf, ihre Einsparungspläne zu überdenken. Von profil dazu befragt, will das Finanzministerium die Kürzungen nicht bestätigen, allerdings auch nicht dementieren. Die Verhandlungen laufen, die Budgetrede Brunners im Parlament ist für 18. Oktober geplant – davor wolle man das Thema nicht kommentieren. Etwas optimistischer klang nur das AMS auf Anfrage: Da die Verhandlungen noch laufen, sei auch das Ergebnis noch offen. Aber: „Es wurden bereits vielerorts Gespräche geführt, die hoffen lassen, dass diese 60 Millionen für das Frauen-Arbeitsmarktprogramm zumindest weiter ungekürzt bestehen bleiben.“
Doch bei bestimmten Standorten wurden die schlechten Nachrichten schon kommuniziert. Christine Erlach leitet das Kärntner Mädchen- und Frauenberatungsstelle EqualiZ. Dort werden Frauen unterstützt, die sich am Arbeitsmarkt umorientieren möchten oder nie den Einstieg geschafft haben - ihnen wird unter anderem die Technikbranche nähergebracht. Bei einem Förderprogramm wurde das Budget für 2024 bereits um ein Drittel gekürzt. Vermutlich, weil das AMS mit weniger Mitteln für das kommende Jahr rechnet. Ihren Appell richtet Erlach allerdings nicht an das AMS, sondern an die Regierung. „Wenn es zu finanziellen Engpässen kommt, herrscht immer die Gefahr, dass die Frauenförderung am Arbeitsmarkt als etwas gesehen wird, worum man sich jetzt nicht kümmern kann, weil es wichtigeres gibt.“ Das dürfe nicht passieren.
Auch Sophie Hansal, Geschäftsleiterin vom Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen, findet: früher zeigte die Regierung mehr Commitment bei diesem Thema. „Heute gibt es Kolleginnen in Beratungsstellen, die nicht wissen, ob sie im Jänner noch einen Job haben.“ Rund 30 Einrichtungen ihres Netzwerks würden vom AMS gefördert und könnten dadurch Frauen ausbilden oder beraten. „Viele Zentren sind in strukturschwachen Bezirken, das ist wichtig, um die Frauen zu erreichen.“ Müssen sie schließen, haben Frauen kein alternatives Angebot. Dabei wäre es jetzt besonders wichtig, glaubt Hansal: Wenn die Kinderbetreuung ausgebaut werden soll und Frauen dadurch mehr Möglichkeiten haben, in den Job einzusteigen, bräuchte es Beratung und Betreuung.
Politik und Öffentlichkeit beschäftigte am Mittwoch vor allem ein Papier des Meinungsforschungsinstituts SORA für die SPÖ, das unabsichtlich an einen Verteiler mit 800 E-Mail-Adressen ging und auf hier nachzulesen ist. Darüber – und über die neue Optimismus-Kampagne von Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer – sprechen Eva Linsinger und Gernot Bauer mit Philip Dulle im Politik-Podcast von profil.