Kulturhauptstadt: Sparen am falschen Platz
Nach Wochen und Monaten des Hickhacks ist es nun endlich eröffnet, das Kulturhauptstadtjahr 2024. All jenen, die vergangenen Samstag an der Eröffnungszeremonie teilgenommen haben, sitzt die Kälte auch Tage später noch in den Knochen. Doch die Stimmung im Publikum in Bad Ischl war trotz Minusgraden wohlig warm. Als Hubert von Goisern mit seinem Chor der 1000 und dem Multiperkussionisten Christoph Sietzen den Sarstein Jodler und andere traditionelle Weisen in neuem Gewand erscheinen ließ, ist mutmaßlich auch beim Missgünstigsten eine Prise an positiver Emotion angekommen. Und Conchita Wurst im Sisi-Outfit, die sich über das Spektakel „dahoam“ freute, war ohnehin Kaiserin der Herzen.
Für Kontroversen in den sozialen Medien sorgte allenfalls die Performance „Pudertanz“ der vom Attersee stammenden Choreografin Doris Uhlich, die es wagte nackte Körper auf die Bühne zu bringen. Huch, aber auch!
Ausgebucht und überfüllt
Das Eröffnungswochenende jedenfalls kann Intendantin Elisabeth Schweeger als Erfolg verbuchen. Auch wirtschaftlich. Sämtliche Unterkünfte in und um Ischl waren ausgebucht, die Gastronomiebetriebe bestens gefüllt. Im Traditionscafé Ramsauer etwa gab es einen Aufnahmestopp, weil das Geschirr für den Gästeansturm nicht reichte. Spannend wird sein, wie nachhaltig die Effekte für das laufende Jahr und darüber hinaus sind.
Manche der Kulturhauptstädte der Vergangenheit haben viel Geld verbrannt. Monate später war dann nicht mehr viel zu sehen vom teuren Kultur-Feuerwerk. Weimar ist so ein Beispiel. Die geschichtsträchtige Stadt der deutschen Klassik (Goethe! Schiller!) lockte bereits 1999 in nur einem Jahr mit einem großen Kulturprogramm rund sieben Millionen Gäste an – und hinterließ dennoch ein Defizit von damals 13 Millionen D-Mark, welches schließlich der Freistaat Thüringen zahlen musste. Obwohl Schätzungen zufolge jeder investierte Euro allein im Feierjahr Einnahmen von drei bis sieben Euro generiert.
Wenngleich die entsprechenden Langzeitstudien fehlen: Erfolgreich sind Kulturhauptstädte dann, wenn sie über das Jahr hinauswirken. Einige bisher kaum bekannte europäische Städte haben sich mithilfe des Kulturhauptstadt-Titels einen Namen gemacht, oder konnten sich, wie Liverpool im Jahr 2008 – von ihrem Negativimage befreien. Die nordenglische Industriestadt wandelte sich zu einer hippen Städtereise-Destination und zu einem der kreativsten Pflaster Großbritanniens.
Meist passiert das, in dem Einrichtungen, wie Museen oder Theater, geschaffen werden, die nicht nur temporär genutzt werden. Graz etwa hat für das Kulturhauptstadt 2003 das Kunsthaus sowie die Murinsel errichtet, beide sind heute noch Publikumsmagneten.
Für nachhaltige Impulse fehlt das Geld
Das, soviel kann man jetzt schon sagen, wird es im Salzkammergut nicht spielen. Für die Errichtung von Infrastruktur fehlt schlicht das Geld. Mit einem Budget von rund 30 Millionen Euro ist das Kulturhauptstadtjahr 2024 recht mickrig dotiert, um damit in Bad Ischl und den 22 anderen Gemeinden in Oberösterreich und der Steiermark ein Jahr lang Programm zu machen. Zum Vergleich: Das Grazer Budget betrug 60 Millionen Euro, im französischen Lille ließ man sich den Spaß sogar knapp 74 Millionen Euro kosten.
Nachhaltige Impulse werden sich so kaum setzen lassen. Dabei gäbe es in der Region durchaus Bedarf. Klar, das Salzkammergut muss sich nicht über mangelnde Gäste beklagen. Aber abseits des Overtourism in Gemeinden wie Hallstatt, wären Ideen, wie man Besucherströme über das ganze Jahr verteilt und die tote Zeit belebt, auch kein Luxus. Doch daran hapert es. Allen voran in der Politik. Auch wenn auf der Eröffnungsbühne die Politiker unterschiedlicher Couleur einstimmig Begeisterung zeigten: im Vorfeld war es mehr ein gegeneinander als ein miteinander arbeiten. War ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer von dem vom ehemaligen Bad Ischler SPÖ-Bürgermeister Hannes Haide erdachten Projekt anfangs doch keineswegs angetan gewesen.
Schilling für Euro
Apropos Politik: Gestern wurde bestätigt, worüber schon lange gemunkelt wurde. Die Klimaaktivistin Lena Schilling wird Spitzenkandidatin der Grünen bei der EU-Wahl im Juni. Trotz eines ambivalenten Verhältnisses, welches sie zu der Partei hat, wie sie einst im Interview im Tauwetter-Podcast erzählte. Damit haben fast alle Parteien ihre Listen fixiert. Bis auf die Neos – dort soll sie Ende Jänner beschlossen werden.