Das Militärkommando Salzburg übt
Morgenpost

Verteidigung: Falls kein längerer Wehrdienst kommt – was dann?

Experten sollen prüfen, wie die Miliz gestärkt werden kann. Das Heer will einen längeren Wehrdienst. Gibt es Alternativen?

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Offiziell ist die Expertengruppe noch gar nicht zusammengesetzt worden, und doch wird schon laut über das potenzielle Ergebnis ihrer Arbeit diskutiert: die Verlängerung des Grundwehrdienstes. Führt tatsächlich kein Weg daran vorbei? 

SPÖ, ÖVP und Neos haben sich in ihrem Regierungsprogramm darauf geeinigt, dass eine Kommission über die Verbesserung des Grundwehrdienstes und der Miliz beraten soll. Im Militär sieht man das als Chance, eine langjährige Forderung durchzusetzen: Nach sechs Monaten Wehrpflicht an einem Stück sollen die jungen Männer in regelmäßigen Abständen für ein paar Tage zum Bundesheer zurückkommen, um als Milizsoldaten an Übungen teilzunehmen. Generalstabschef Rudolf Striedinger, der wichtigste militärische Berater von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), sprach sich schon dafür aus, genauso wie Thomas Starlinger, Verteidigungsminister in der Expertenregierung von Brigitte Bierlein und nun sicherheitspolitischer Berater von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (Neos). Selbst der kolportierte Leiter der Expertengruppe, Milizbeauftragter und Raiffeisen-Generalanwalt Erwin Hameseder, sprach von einer nötigen „Übungsverpflichtung“.

Eine Zwickmühle für die Regierungsparteien: Denn eigentlich sind ÖVP, SPÖ und Neos gegen eine Verlängerung des Grundwehrdienstes und die Wiedereinführung von verpflichtenden Milizübungen. Die Expertenkommission müsste also Alternativen aufzeigen. Bloß: Welche könnten das sein?

Steuererleichterungen für Betroffene? 

Verteidigungsministerin Tanner erklärte bereits, die Kommission „ergebnisoffen“ arbeiten lassen zu wollen. „Wir kennen die Probleme bei der Miliz“, heißt es aus der SPÖ auf profil-Nachfrage. Seitdem die verpflichtenden Übungen vor 20 Jahren abgeschafft wurden, gibt es nicht mehr genügend Soldaten, die sich freiwillig dafür melden. Grundsätzlich bräuchte das Heer 35.000 Männer und Frauen, die einen zivilen Beruf haben, aber für bestimmte Missionen als Miliz einsetzbar wären – und für diese Missionen auch regelmäßig üben. Die SPÖ könnte sich „steuerliche Erleichterungen“ für Freiwillige vorstellen, um die Miliz attraktiver zu machen. Wenn sich die Miliz für Einzelne bezahlt macht, wäre eine Verpflichtung gar nicht mehr möglich. 

Vorerst will die Partei aber die Ergebnisse der Kommission abwarten, aber eines hält man in der SPÖ fest: „Eine Verlängerung des Grundwehrdienstes ist nicht Teil des Regierungsprogrammes.“ Auch die Neos äußerten sich bisher skeptisch dazu. Klingt danach, als bräuchte es andere Optionen. 

Vorbild Schweden? 

Der grüne Wehrsprecher David Stögmüller bringt daher eine weitere Möglichkeit ins Spiel: „Wir erwarten uns, dass das schwedische Modell von der Kommission geprüft wird.“ In Schweden gilt eine allgemeine Dienstpflicht für Männer und Frauen, allerdings kommt nur ein kleiner Anteil der Betroffenen zur Truppe. Das Militär sucht die am besten geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten aus – dabei spielt allerdings auch ihre Motivation eine Rolle. Die meisten Personen melden sich freiwillig zum Dienst. Von einer Verlängerung des Grundwehrdienstes hält Stögmüller prinzipiell wenig.

Übrigens: Die Länge des Grundwehrdienstes hängt rechtlich nicht mit jener des Zivildienstes zusammen. Theoretisch könnten Wehrpflichtige in Zukunft zwei zusätzliche Monate zum Bundesheer müssen und Zivildiener unverändert neun Monate abdienen. Damit könnte der Zivildienst allerdings für viele jungen Männer noch attraktiver und damit eine zu große Konkurrenz sein. Daher würde wohl die Verlängerung des Wehrdienstes auch eine Verlängerung des Zivildienstes bedeuten. 

Falls es dazu kommen sollte. Zuerst muss die Expertengruppe, über die so viel diskutiert wird, erst einmal ihre Arbeit beginnen. 

Iris Bonavida

Iris Bonavida

ist seit September 2022 als Innenpolitik-Redakteurin bei profil. Davor war sie bei der Tageszeitung "Die Presse" tätig.