Leugnen zwecklos: Das Klima macht allen zu schaffen
Tirol überstand die Wassermassen ohne Verletzte, vermeldet die Austria Presse Agentur. In Zeiten wie diesen fällt diese Meldung bereits unter die Rubrik „gute Nachricht“. Die Zivilschutzwarnungen für Schwaz und Kramsach wurden aufgehoben. Vor allem aber wurde niemand von den Fluten fortgerissen. Um die Schäden an der Infrastruktur – etwa unterspülte Straßen, verrutschte Hänge und freigelegte Gasleitungen – zu beseitigen, wird man allerdings zwölf Millionen Euro in die Hand nehmen müssen. Das ist die weniger gute Nachricht.
Man könnte die Liste fortsetzen: Der Rhein transportierte innerhalb weniger Stunden so viel Wasser in den Bodensee, dass der Pegelstand am Montag um 40 Zentimeter und am Dienstag gleich noch einmal um 30 Zentimeter stieg. Zum besseren Verständnis: Für einen Zentimeter braucht es rund 5,4 Millionen Kubikmeter Wasser, also ungeheuer viel. Auch im Salzburger Pinzgau und im Pongau traten Flüsse und Bäche über die Ufer. Die Gasteiner Ache überschwemmte in der Gemeinde Bad Hofgastein viele Keller.
Machen wir uns nichts vor, in anderen Wochen ist es die Hitze, mit der sowohl Waldbrände als auch die Angst vor Waldbränden einhergehen, von gesundheitlichen Belastungen einmal abgesehen. Das Klima macht uns zu schaffen, persönlich und politisch. Vergangene Woche fragte unique research im Auftrag von profil bei Österreicherinnen und Österreichern nach, ob ihre Gemeinden ausreichend für künftige Hitzewellen vorsorgen. Fazit: Die Mehrheit fühlt sich nicht gut aufgestellt (16 Prozent antworteten „nein, sicher nicht“, 29 Prozent „eher nein“). Immerhin fast jeder fünfte, jede fünfte Befragte wusste keine Antwort.
Dabei wird es immer schwieriger, Hochwässer, Dürren, Feuersbrünste und Ernteausfälle als Launen der Natur abzutun. Selbst rechtspopulistische Parteien, bis vor Kurzem noch ein Hort für Verächter des menschengemachten Klimawandels, schwenken um, wie Robert Treichler in einer aktuellen profil-Geschichte beschreibt. Leugnen zwecklos, lautet nun die Devise. Ausgerufen hat sie allen voran die französische Rechtsaußen-Partei Rassemblement National.
Doch auch in Österreich hört man die Signale. FPÖ-Chef Herbert Kickl etwa hatte im ORF-Sommergespräch 2022 noch erklärt, die Wissenschaft sei in einschlägigen Klimafragen „noch auf der Suche nach den Faktoren“ (sprich, bewiesen sei gar nichts). Beim jüngsten Sommergespräch verkniff er sich Bemerkungen dieser Art. Der (jedenfalls mir) unbekannte Urheber des flotten Spruchs, dass alle vom Wetter reden, aber keiner was dagegen unternimmt, bewahrheitet sich einmal mehr. Geht es darum, Sündenböcke namhaft zu machen, ist auf die Rechte immer noch Verlass. Es sind neuerdings nur andere. Aber am besten: Lesen Sie selbst!