Liebe Grüße aus…
Ich weiß, was Sie diesen Sommer getan haben: Sie waren im Urlaub. Sie waren am Meer, auf Bildungsreise, am City-Trip. Vielleicht waren Sie auch am See oder auf dem Berg, ziemlich sicher waren Sie dabei nicht allein.
Ich weiß das, weil die Tourismusbranche gerade ihre Saisonbilanzen vorgelegt hat, und ja, danke, es geht ihr gut. Laut dem World Travel & Tourism Council (WTTC) wird das Umsatzplus im Vergleich zu 2023 heuer bei über 12 Prozent liegen – insgesamt beläuft sich die Wertschöpfung aus dem Tourismus laut WTTC-Hochrechnung im Reisejahr 2024 auf rund 10 Billionen (in Zahlen: 10.000.000.000.000) Euro. Das sind etwa zehn Prozent des globalen BIP.
Ein neuer Reiserekord wurde in diesem Sommer auch in Österreich erzielt; von Mai bis Juli zählte die Statistik Austria 39,94 Millionen Nächtigungen, der höchste Wert seit 1980. Seit Jahresbeginn wurden 94,44 Millionen Nächtigungen registriert, was wiederum haarscharf am vorpandemischen Rekord von 95,10 Millionen Nächtigungen anno 2019 kratzt. Österreich ist laut den Berechnungen der UN-Welttourismusorganisation (UNWTO) übrigens das Land mit den meisten touristischen Ankünften (30,9 Millionen im Jahr 2023) im Verhältnis zur Einwohnerzahl (rund 9 Millionen).
Das kann man für eine gute Nachricht halten, oder aber auch für eine miserable. Denn der Tourismus ist international einer der wesentlichen Treiber von CO2-Emission und Ressourcenverbrauch und sorgt an Orten, an denen er massenhaft auftritt (und das werden immer mehr), für Umweltschäden und soziale Unruhen. Nicht umsonst wurde der Übertourismus von Venedig, Dubrovnik und Mallorca aus zur allgemein anerkannten Plage.
Bei den Recherchen zu einer profil-Covergeschichte zu diesem Thema bin ich – dank der sehenswerten Ausstellung „Über Tourismus“ im Wiener Architekturzentrum (noch bis zum kommenden Montag; ab 27.9. in Vorchdorf) – auf einen schönen Lösungsvorschlag gestoßen: die Destinations-Kopie. Der einigermaßen originalgetreue Nachbau der bei Busreisenden hochbeliebten UNESCO-Welterbestätte Hallstatt in der südchinesischen Provinz Guangdong mag bei seiner Eröffnung im Sommer 2012 für Schenkelklopfen gesorgt haben; es bleibt aber eine gute Idee, weil Hallstatt (West) durch die fernöstliche Pufferzone zumindest ein bisschen entlastet wird (Studien zum exakten Ausmaß dieses Effekts stehen indes noch aus).
In der Schau „Über Tourismus“ wird auch auf das Beispiel der Höhle von Lascaux eingegangen. Diese ist wegen konservatorischer Bedenken seit den frühen 1960er-Jahren für die Öffentlichkeit gesperrt; weil man ihre steinzeitlichen Malereien der Welt aber nicht ganz vorenthalten mag, wurde 1982 in unmittelbarer Nachbarschaft eine künstliche Nachbildung (Lascaux 2) errichtet und eine weitere Replika als Wanderausstellung durch die Lande geschickt (Lascaux 3); seit Ende 2016 wurde die erweiterte und in puncto tourist experience deutlich verbesserte Lascaux 4 eröffnet. Die Leute lieben es.
Also, falls Sie noch keine anderen Pläne für den kommenden Winter haben: Wir sehen uns in Ischgl 2!