Mehr Musicals für die Welt!
Zu Beginn gleich eine kurze Offenlegung: Ich bin ein „Theatre Kid“. So nennt man auf Social Media Menschen, die in ihrer Schulzeit viel zu begeistert waren, wenn Rollenspiele auf dem Lehrplan standen oder Goethes Faust in Deutsch mit verschiedenen Stimmen vorgelesen werden musste. So ein Kind, das jeden Erwachsenen in Reichweite dazu gezwungen hat, den selbstgeschriebenen Bühnenstücken beizuwohnen. Unvergessen die Premiere von „Himmel oder Hölle“ im dürftig renovierten Keller der Metzgerei meiner Taufpatin.
Ein „Theatre Kid“ bleibt man ein Leben lang, es schlummert in einem, egal wie alt man ist. Und jetzt, wo die die Premiere von „Wicked“ in Österreichs Kinos ansteht, Sie wissen schon, das Musical über die grüne Hexe aus „Der Zauberer von Oz“, bricht zwangsläufig die ganze angestaute „Theatre Kid“-Energie aus einem heraus.
Musical-Filme sind wieder da! Wirklich weg waren sie ja nie, aber seit dem ersten Teil von „Mamma Mia!“ (2008) mit Meryl Streep sind sie etwas lustlos vor sich hingetümpelt. Das Jahr 2024 hat da eine Kehrtwende eingeleitet. Zurzeit kann man sich neben „Wicked“ auch den Musical-Thriller „Emilia Pérez“ mit Selena Gomez geben; es geht um einen mexikanischen Drogenbaron. Und erst im Frühjahr wurde die Verfilmung des Broadway-Musical „Mean Girls“ veröffentlicht. Pink, poppig, provokant. profil hat sich damals schon die Frage gestellt, warum „girly“-Filme heuer so einen Lauf haben.
Das hängt wahrscheinlich auch mit dem Konzept von Musicals an sich zusammen. Sie richten sich vorrangig an Frauen, die Musik fußt auf eingängigen Melodien, verbindet mitreißende Choreografien mit emotionalen Handlungssträngen. Es ist quasi der perfekte Mix aus allem, was Spaß macht und äußerst „Mainstream“ ist. Sie halten einen für einen kurzen Moment vom Nachdenken ab, sind in den meisten Fällen zwar nicht sonderlich logisch oder gar historisch korrekt, aber bleiben im Ohr. Musicals sind nicht anspruchsvoll, wollen das aber auch gar nicht sein. Sie sind eine kurze, ehrliche Pause.
Aus wirtschaftlicher Sicht kommt dazu: Sie lassen sich hervorragend groß vermarkten. Die Fans des Genres gehen verlässlich ins Kino und mit den Soundtracks zum Film verdient man noch mehr Geld. Win, win, win! Bei „Wicked“ lässt sich das in der momentanen Promo-Phase recht gut beobachten. Es gibt einen Haufen Fanartikel zu kaufen, der Cast jettet von Premiere zu Premiere und weint viel vor Freude. Wir sehen uns also demnächst im Kino, zumindest, wenn es nach unseren inneren „Theatre Kids“ geht.
Übrigens, ein filmreifes Leben hat auch Thomas Schmid. Der frühere Generalsekretär im Finanzministerium und ÖVP-Insider hat nun offiziell den Kronzeugenstatus erhalten. Er belastet eine ganze Reihe hochrangiger Personen schwer. Mein Kollege Stefan Melichar hat dazu recherchiert, alles was Sie wissen müssen, lesen Sie auf profil.at – und keine Sorge, gesungen wird bei uns noch nicht.