Muzicant kritisiert israelische Minister
Ariel Muzicant wusste, was er sagen wollte, und er wusste auch, wo er es sagen wollte: in Israel. Es war bereits die dritte Reise nach Jerusalem innerhalb weniger Monate, und jedes Mal traf der ehemalige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde und aktuelle Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses dabei Politiker aller möglicher Parteien und Schattierungen. 28 zählte Muzicant nach eigenen Angaben.
Wobei: aller Parteien dann doch nicht. Vielmehr nutzte Muzicant die Gelegenheit dreier Interviews mit israelischen Zeitungen, darunter die „Times of Israel“, um zwei weit rechts stehende Minister der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu scharf zu attackieren: Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir und Finanzminister Bezalel Smotrich. Diese beiden würden sich „keineswegs verantwortungsvoll verhalten“, sagte Muzicant, und: „Wenn Sie mich fragen, ob ich mich mit Ben-Gvir treffen würde, meine Antwort wäre: Nein.“
Die „Times“ bezeichnete Muzicants Kritik als „unübliche, öffentliche Zurechtweisung eines israelischen Regierungsvertreters“, doch Muzicant denkt nicht daran, seine Äußerung abzuschwächen, im Gegenteil. In einem Telefonat mit profil legt der EJC-Präsident nach: Ben-Gvir und Smotrich würden „verantwortungslose Forderungen stellen“, die Muzicant nicht akzeptieren könne. Konkret hatten die beiden angeregt, Palästinenser aus dem Gazastreifen abzusiedeln und etwa in die Demokratische Republik Kongo zu verfrachten, und an ihrer Stelle jüdischen Siedlern das Land zur Verfügung zu stellen. „So etwas darf man nicht einmal denken“, so Muzicant.
„Jedes Mal, wenn Ben-Gvir solche Dinge sagt, sehen wir einen Anstieg des Antisemitismus“, sagte Muzicant in Israel. Gegenüber profil erläutert er diesen Vorwurf: Ben-Gvirs „Unfug“ gebe „den Antisemiten Nahrung“ dafür, Israel geplanter Deportationen und anderer Verbrechen zu bezichtigen. Das schwäche die Position der Verteidiger Israels. Muzicant beteuert, er äußere damit nicht bloß seine persönliche Kritik, sondern die „einer breiten Mehrheit des Diaspora-Judentums“.