Palmersfiliale
Morgenpost

Warum so viele Unternehmen an der Rückzahlung der Corona-Hilfen scheitern

Der letzte Lockdown ist drei Jahre her, viele Unternehmen müssen jetzt die Gelder zurückzahlen, die sie damals als Überbrückungshilfe bekommen haben - und kommen in die Bredouille. Warum?

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Vor einigen Monaten erzählte eine gutgelaunte Verkäuferin in der Palmers Filiale am Reumannplatz noch: „Der Umsatz stimmt, die Filiale wird nicht geschlossen.“ Das hat sich schnell geändert. Im Februar gab der Unterwäschekonzern seine Insolvenz bekannt. Er versucht, sich in Eigenverwaltung zu sanieren und sperrt ein Drittel der Filialen zu – und eben auch diese eine am Reumannplatz. Seit Beginn der Woche sind die Schaufenster zugehängt, auf einem Sticker steht euphemistisch: „Wir ziehen um.“ 

Gescheitert ist Palmers – mitunter -  an der bevorstehenden Rückzahlung der Cofag-Hilfen. Die Covid-19 Finanzierungsagentur des Bundes (Cofag) wurde mittlerweile abgewickelt. Rund zehn Millionen Euro bekam das Unternehmen 2020 an unterschiedlichen Corona-Hilfen, etwa zwei Jahre später wurde um vier weitere Millionen aufgestockt. Diese späte Aufstockung war sehr unüblich und zumindest hinterfragenswert, wie profil berichtete. Im Juni hätte Palmers die insgesamt 14 Millionen zurückzahlen müssen. Am 14. Februar eröffnete Palmers ein Insolvenzverfahren. Und zwar, weil die Mittel für eine positive Fortbestandsprognose fehlten und daran war maßgeblich die bevorstehende Kredittilgung schuld.

Jede dritte Insolvenz Post-Covid

Palmers ist mit diesem Problem nicht allein. Viele Unternehmen kämpfen nach vor mit der Rückzahlung von Covid-Krediten und einige scheitern daran, etwa der Salzburger Dirndlhersteller Gössl. Laut dem letzten Jahresabschluss der Cofag im Sommer 2024 sind noch rund 219 Millionen Euro an Garantien offen. Auf der Unternehmensebene wirken die Lockdown- und Hilfsmaßnahmen bis heute nach. Gerald Zmuegg vom Finanzombudsteam schätzt, dass jede dritte Insolvenz in Österreich im Jahr 2024 unmittelbar oder mittelbar darauf zurückzuführen ist. Infolge der Konkurse ist dieser Posten mittlerweile auch für das Budget relevant geworden.

Bei der maximalen Höhe der gewährten Garantie wurde nämlich der Jahresumsatz in den Richtlinien berücksichtigt, nicht aber das Verhältnis zum Eigenkapital. Also zu den tatsächlich verfügbaren Mitteln. „Die Höhe des Kredits, der durch diese Garantie ermöglicht wurde, steht daher in keiner Relation zum Risikopuffer, den das Eigenkapital bietet“, kritisierte Zmuegg die damaligen Vergabekriterien. Und das macht vielen jetzt zu schaffen.

Und: Die Lockdowns sind zwar schon lange her – um eine Hilfszahlung wird aber noch immer gestritten. Seit 2021 warten rund 200 Leitbetriebe auf Hilfszahlungen infolge einer vom Finanzministerium nicht EU-konformen erlassenen Richtlinie. Seit Anfang dieser Woche werden die sogenannten „Umwidmungsanträge“ für die betroffenen Unternehmensverbände geprüft. „Statt der Auszahlung von richtlinienkonform beantragter Hilfszahlungen wird in vielen Fällen eine Rückzahlung von den Unternehmen verlangt“, sagt Zmuegg. 

Das zuständige Finanzministerium gibt dem Kritiker indirekt und recht kryptisch Recht: „Aufgrund der Auslegung des Unternehmensbegriffes des EU-Beihilfenrechts ist es zu Auszahlungen gekommen ist, die einer nachträglichen Sanierung bedürfen. Diese erfolgt auf Basis der von der EU-Kommission genehmigten Obergrenzenrichtlinien“, schreibt ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage. Man prüfe nun im Einzelfall und informiere im Anschluss den betroffenen Unternehmensverbund danach. 

Karl-Heinz-Grasser vor Gericht

Schauplatzwechsel. Im Großen Saal des Obersten Gerichtshofs (OGH) im Justizpalast am Wiener Schmerlingplatz beginnt heute das wohl letzte Kapitel im jahrelangen Prozess um den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Hier entscheidet ein Senat aus fünf Richtern, ob Grassers Verurteilung wegen Untreue, illegaler Geschenkannahme und Beweismittelfälschung hält oder – vielleicht auch nur in Teilen – aufgehoben wird. Stefan Melichar und Josef Redl verfolgen „KHG“, seine Fälle und Verstrickungen seit vielen Jahren. Falls Sie den Überblick verloren haben, zu seiner Amtszeit noch in den Kindergarten gingen oder noch einmal „Wo woar mei Leistung“ hören wollen, die beiden erzählen den Aufstieg und Fall des „zu jungen“ und „zu schönen“ Finanzministers in unserem „Nicht zu fassen“-Podcast. Was sich im Großen Saal heute abspielt, können sie im kommenden profil lesen.

Clara Peterlik

Clara Peterlik

ist seit Juni 2022 in der profil-Wirtschaftsredaktion. Davor war sie bei Bloomberg und Ö1.