Privat oder e-Card: Das lukrative Geschäft mit der Plombe
Gute und schlechte Nachrichten zum Jahreswechsel: Ab dem 1. Januar 2025 wird die Verwendung von giftigen Amalgam-Zahnfüllungen EU-weit verboten. Die schlechte Nachricht: Wer im neuen Jahr eine Zahnfüllung benötigt, muss diese voraussichtlich aus eigener Tasche bezahlen.
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) und die Zahnärztekammer streiten um einen neuen Tarif für Zahnfüllungen. Die ÖGK überbot zuletzt ihr Angebot einer zehn prozentigen Erhöhung, nachdem die zahnmedizinische Standesvertretung die Verhandlungen abgebrochen hat. Nach Ansicht der Mediziner sei die Offerte „aus wirtschaftlichen Gründen unannehmbar”.
Die Zeit drängt, denn bis zum Jahreswechsel muss eine Lösung gefunden werden. Zwar wies der Rechnungshof schon 2019 auf die Notwendigkeit einer „zeitgemäßen Regelung” hin, doch drohen nun 7,6 Millionen Versicherten im neuen Jahr keine adäquate Behandlung zu bekommen. Was steckt hinter den Löchern in der zahnmedizinischen Versorgung?
Um wie viel Geld es geht
Im vergangenen Jahr erstattete die ÖGK rund 137,3 Millionen Euro für Zahnfüllungen. Allein auf die zwei Millionen Amalgan-Füllungen entfielen 73 Millionen Euro. Für Zahnarztpraxen ist das Füllen von Zähnen ein alltägliches Geschäft, das mit bis zu 78 Euro pro Amalgamfüllung von der Krankenkasse vergütet wird. Doch dieses Geschäftsmodell wird zunehmend, nachdem Materialkosten, Miete und Mitarbeitergehälter abgezogen worden sind, defizitär. Immer mehr Zahnärzte setzen daher auf Privatleistungen, um ihre Ordinationen querzufinanzieren.
Eben jene Privatleistungen mit Füllungen aus Komposit (umgangssprachlich als Kunststoff bekannt) oder Glasionomerzement. Sie gelten als bessere Alternativen zu Amalgam und werden von Zahnärzten mit bis zu 300 Euro pro Füllung direkt mit den Patienten abgerechnet – ohne den Tarifvorgaben der Sozialversicherung. Mit der Einführung von Alkasit als Amalgam-Nachfolger könnte ein öffentlich-finanziertes Produkt den privat angebotenen Füllstoffen Konkurrenz in der Ordination machen. Fürchtet die Zahnärzteschaft um das lukrative Geschäft rund um Privatleistungen?
Unter Zahnärzten ist Alkasit umstritten, denn die Applikation sei komplizierter als Amalgam, wodurch mehr Zeit pro Füllung benötigt werde. Arbeitszeit, die sich in den aktuellen Honorarverhandlungen nicht widerspiegle. Alternativ präferieren die Standesvertreter das bewährte Glasionomerzement als neuen Standard – die Krankenkasse weigert sich, da dieser zu einem höheren Tarif ersetzt werden müssen.
Weniger Kassenplätze
Fest steht: die Anzahl der Zahnärzte mit Kassenvertrag sinkt. Während vor zehn Jahren noch 2600 Zahnärzte mit Kassenvertrag praktizierten, sind es heute weniger als 2400. Gleichzeitig stieg die Anzahl Wahlarzt-Ordinationen im gleichen Umfang – ein Trend, der in vielen medizinischen Bereichen zu beobachten ist. Denn geht es nach den Medizinern, sind viele Versicherungsleistungen defizitär und nur mit Massenabfertigung von Patienten rentabel. Die Abrechnung nach Privathonorar ist schlicht lukrativer, die Zahlungsbereitschaft wachse aufgrund der mangelnden öffentlichen Versorgung.
Leidtragend werden letztlich wieder einmal die Patienten sein, die trotz ihrer Versicherungsbeiträge entweder weniger Leistung erhalten oder einen höheren Eigenanteil zu bezahlen haben.