Schwarzarbeit: Wenn Ermittler „einen Lachkrampf kriegen“
Die Koalitionsverhandler von ÖVP, SPÖ und Neos müssen Lösungen für das Budgetloch finden, um ein EU-Defizitverfahren abzuwenden. Da sollte ihnen jeder Vorschlag recht sein, der ohne viel Aufwand ein paar Millionen Euro in die Staatskassen spült.
Ein paar dieser Ideen wälzt der Chef der Finanzpolizei, Wilfried Lehner, in einem Fachbeitrag für die „Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzstrafrecht“. Darin gibt er der neuen Regierung seine Wunschliste mit auf den Weg.
Das Problem ist bekannt: Unternehmen in personalintensiven Branchen stellen ihre Mitarbeiter nur Teilzeit an und zahlen den restlichen Lohn schwarz in bar aus. Andere überweisen ihren Angestellten überhaupt zu wenig Geld für die geleisteten Stunden, ohne dass die Betroffenen das merken.
Früherkennung gegen Massen-Betrug
Der Befund von Lehner fällt verheerend aus: Diese Betrugsphänomene hätten sich mittlerweile zu einem „Massenphänomen“ ausgeweitet und wären mittels ausschließlich strafrechtlicher Verfolgung schlicht nicht mehr bewältigbar.
Lehner setzt daher auf Früherkennung. Er argumentiert, dass er durch eine minimale Änderung viel einfacher gegen die Profiteure von Schwarzarbeit vorgehen könnte: „Kaum zu glauben, aber weder Sozialversicherung noch Finanzverwaltung haben Kenntnis vom tatsächlichen Beschäftigungsausmaß der Dienstnehmer in Österreich.“ Unternehmer müssen im Rahmen der Beitragsgrundlagenmeldung nur die Höhe der Gehälter an die Sozialversicherung melden, nicht aber die Stundenanzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Anhand der Gehaltslisten kann die Finanzpolizei nur mutmaßen, ob ein Beschäftigter mit wenig Entlohnung Teilzeit arbeitet – oder ob es sich um einen Fall von Lohndumping handelt.
Lehner in seinem Fachbeitrag: „Der Abgleich der Meldung bei der Sozialversicherung mit dem tatsächlichen Beschäftigungsausmaß muss daher mühsam unter Rückgriff auf Arbeitszeitaufzeichnungen, Lohnkonten und sonstigen Hilfsaufzeichnungen erfolgen.“ Und zwar durch Kontaktaufnahme und Vorortkontrollen bei den Unternehmen. Eine Risikoanalyse zur besseren Identifizierung von „kontrollwürdigen Unternehmen“ sei auf dieser Basis gänzlich „unmöglich“.
Lohndumper könnten „leuchten wie ein Christbaum“
Der oberste Finanzpolizist fordert daher, dass Unternehmen künftig auch das Beschäftigungsausmaß – also die geleisteten Stunden – an die Behörden melden müssen. Die Daten liegen ohnehin in den Personalabteilungen jedes Unternehmens auf, der zusätzliche Aufwand wäre überschaubar.
Ein mit der Materie vertrauter Beamter erklärt profil, was das bringen würde: Durch den Abgleich von Lohn- und Stundenlisten „würden gewisse Asynchronitäten, die derzeit untergehen, leuchten wie ein Christbaum“. Bei Bauunternehmen mit lauter Teilzeitbeschäftigten würde jeder erfahrene Ermittler „einen Lachkrampf kriegen“.
Außerdem im Forderungskatalog der Finanzpolizei: Eine Ausweitung des Verbots von Barauszahlungen der Löhne auf alle Branchen, denn „Lohnauszahlungen in bar finden – mit Ausnahme von unbedeutenden Einzelfällen – unter legalen Beschäftigungsbedingungen schlicht nicht statt“.
Und: Strengere Regeln beim derzeit legalen Bezug von Arbeitslosengeld bei gleichzeitiger geringfügiger Beschäftigung. Die Vorschläge reichen von Monatsbeschränkungen bis zu umfassenden Meldepflichten hinsichtlich der Arbeitszeit.
Ob das schwarz-rot-pinke Christkind die Wünsche der Finanzpolizei erfüllt und sich damit selbst ein Steuergeschenk macht, wird sich bald zeigen.