Sollen wir die Klimakonferenz boykottieren?
Erinnern Sie sich noch an die große Cäcilienflut? 36.000 Menschen in Hamburg haben dabei ihr Leben verloren, das Gebiet um die deutsche Hansestadt wurde weitgehend zerstört. Falls Ihnen dieses schwere Unwetter nicht sofort bekannt vorkommt, kann ich Sie beruhigen – das Ereignis jährt sich dieser Tage zum 810. Mal. Durch einen Sturm Ende November 1412 wurde Wasser der Nordsee in die Mündung der Elbe gedrückt und konnte nicht mehr abfließen, die stauenden Wassermassen haben das Land überflutet.
Während es sich damals noch um ein Jahrhundertereignis handelte, werden Umweltkatastrophen wie diese heutzutage immer häufiger. Als Folge des Klimawandels mehren sich Hitzewellen, Starkregen oder Stürme – weltweit. Das ist inzwischen auch in den Köpfen der hochrangigsten Politiker:innen verankert. Und vor allem ist klar, dass wir schleunigst etwas dagegen tun müssen. In den Ergebnissen der UN-Klimakonferenz (COP27) im ägyptischen Sharm El-Sheik, die am Wochenende zu Ende gegangen ist, spiegelt sich dieses Bewusstsein allerdings kaum wider: Es gibt etwa kein Ausstiegsszenario aus der Nutzung fossiler Energieträger. Eine Einigung erfolgte zwar bezüglich eines Fonds, der verwundbaren Ländern nach Klimaschäden hilft – aber nicht bezogen auf die konkrete Finanzierung.
Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) bezeichnet die Ergebnisse der COP27 als „enttäuschend“. Auch der deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) ist „nicht wirklich zufrieden“. Das wirft die Frage auf: Inwiefern ist es zielführend, sich ständig von einem Minimal-Kompromiss zum nächsten zu schleppen? Wäre es nicht aufrichtiger, den Verhandlungstisch zu verlassen – um ein Zeichen zu setzen? Nein, meint jedenfalls Ministerin Gewessler im Ö1-Morgenjournal: „Wir wollen das Zeichen der Unterstützung senden, um Vertrauensbasis zu haben für die nächste Konferenz.“ Ein Boykott scheint also keine Option. Und so werden die Verhandlungen im nächsten Jahr in den Vereinigten Arabischen Emiraten weitergeführt – während uns eine Umweltkatastrophe nach der nächsten erschüttert.
Um Boykott geht es auch in der aktuellen profil-Titelgeschichte – allerdings nicht in Bezug auf die COP27, sondern, Sie ahnen es sicher bereits, um die derzeit stattfindende Fußballweltmeisterschaft in Katar. Meine Kolleg:innen Gerald Gossmann und Eva Linsinger haben Sportminister und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Ex-Teamstürmer Marc Janko zu einem Streitgespräch geladen: Korruption in Sport und Politik, der Problemfall ÖFB und der falsche Mythos Córdoba waren zentrale Themen. Und warum die beiden die WM - trotz aller Kritik - gebannt im Fernsehen verfolgen.
Einen schönen Dienstag,
Katharina Zwins