Sommergespräche: Als Kreisky Mallorca vorzog
Die ORF-Sommergespräche sind vorbei. Das kündigt – so verlässlich wie das Fallen der Blätter – den nahenden Herbst an. Bundeskanzler Karl Nehammer war am Montag der letzte, der Moderatorin Susanne Schnabl Rede und Antwort stand. Die großen Aufreger blieben bei ihm wie auch den anderen Parteiobleuten aus, im Jahr vor der Nationalratswahl zogen sie es vor, sich zu belauern. Für den meisten Gesprächsstoff sorgte noch die Ortswahl: Schnabl empfing die Gäste in einem etwas engen, ziemlich holzvertäfelten Besprechungszimmer des Parlaments.
Die lange Geschichte des Sommergesprächs ist ja sehr gut dokumentiert. Der ORF hat sogar 2021, zum 40-jährigen Jubiläum, einen 50-minütigen-Film darüber veröffentlicht. Beginnen tut sie mit der Erstauflage im August 1981, als Moderator Peter Rabl FPÖ-Chef Norbert Steger im Urlaubsdomizil in Kärnten besuchte, und ihn dabei im Swimmingpool interviewte. „Herr Dr. Steger, wollen Sie Vizekanzler werden?“, fragte Rabl in Badehose.
Kreisky verzichtet
Man darf aber nicht den Irrtum begehen und glauben, die Sommergespräche hätten schon seit Beginn ihre heutige, doch große Bedeutung. So berichtete profil im Premierenjahr 1981 in keiner einzigen Zeile über das neue Format. Lediglich ein etwas kritischer Bericht stellte im Juli des Jahres fest, dass Rabl Probleme habe, Politprominenz in seine Sendung „Politik am Freitag“ – in deren Rahmen die Sommergespräche liefen – zu bekommen.
Damit kämpfte das Format auch 1982. Bundeskanzler Bruno Kreisky verzichtete auf einen Besuch bei den Sommergesprächen, er schickte stattdessen seinen Stellvertreter Karl Blecha. Kreisky hatte sich schon im Juli in die Sommerpause verabschiedet. Er tat das im Rahmen seiner „traditionellen Saisonabschluss-Pressekonferenz“, wie Redakteur Josef Votzi damals im profil schrieb. Auf die Frage eines anwesenden Journalisten, welche Auslandsreisen er denn in nächster Zeit plane, antwortete der Kanzler: „Na, nach Mallorca möchte‘ ich fahren.“
Check und Quiz
Über die Sommergespräche war auch 1982 nichts im profil zu lesen. Das ist heuer anders, besonders auf unserer Website drängen sich die diesbezüglichen Inhalte. Denn damit das Gesagte – trotz mangelnder Aufreger – nicht untergeht, kümmerte sich der profil-Faktencheck um die Aussagen der Chefs jener drei Parteien, die sich laut Umfragen um die Kanzlerschaft matchen werden. Dabei stellte sich heraus, dass doch einiges nicht so seine Richtigkeit hatte. Sei es Herbert Kickls Aussage, der Fachkräftemangel wäre die Konsequenz verfehlter Corona-Politik, Andreas Bablers These, dass die türkis-grüne Bundesregierung keinen einzigen Kilometer Schiene verlegt habe oder Karl Nehammers Ansicht, Österreich sei Europameister im Auszahlen von Familienleistungen.
Das Ende der Sommergespräche steht traditionell in einem zeitlichen Naheverhältnis zum Ende der Sommerpause der Millionenshow. Fans des Rätselns müssen sich allerdings noch bis kommenden Montag gedulden. Wer nicht so lange warten mag, findet seit gestern ein Quiz auf der profil-Website. Dort kann man raten (oder eventuell tatsächlich wissen), welche oder welcher der Parteivorsitzenden beim Sommergespräch welche Phrase am meisten verwendet hat.
Genießen Sie den wunderschönen Spätsommer, der Herbst kommt früh genug!