SPÖ-Wahl: Eine Blamage in rot
46 Stunden lang lebte Hans Peter Doskozil seinen Traum. 46 Stunden lang ließ ihn seine Partei im Glauben, er wäre Bundesparteivorsitzender der SPÖ.
Tatsächlich war er es nie.
Ein Anruf am Montag gegen 14 Uhr änderte alles. Da eröffnete Michaela Grubesa, die Leiterin der SPÖ-Wahlkommission, dem burgenländischen Landeshauptmann, dass es zu einer Panne bei der Auszählung am Parteitag gekommen war. Nicht ganz zwei Stunden später musste sie diese Peinlichkeit auch öffentlich eingestehen.
Bei der Verknüpfung der Ergebnisse der unterschiedlichen Urnen, die am Parteitag ausgezählt wurden, kam es offenbar zu einer Verwechslung der beiden Kandidaten. Das Ergebnis, das die Excel-Tabelle für Doskozil auswies (53 Prozent), war eigentlich Bablers Wert - und umgekehrt.
Aufgeflogen war der Fehler, weil ORF-Journalist Martin Thür die Delegiertenstimmen von Babler und Doskozil zusammenzählte - aber eine Stimme auf die Summe aller abgegebenen Stimmen fehlte. Für die verlorene Stimme gab es zunächst keine Erklärung. Deshalb dürfte die Kommission noch einmal nachgezählt haben und dabei die Verwechslung der Ergebnisse festgestellt haben.
Doskozil muss sich fühlen, wie ein Fußballteam, dem nach dem Schlusspfiff das entscheidende Tor aberkannt wird. Dafür wirkte er am Montagnachmittag bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz gefasst: Die Textbausteine für seine Verlierer-Rede hatte er wohl schon einstudiert, er dachte nur nicht, dass er sie noch halten muss: "Für mich ist das Kapitel Bundespolitik abgeschlossen", sagte er. Sein Fokus gelte nun dem Burgenland. Eine Zusammenfassung der Pressekonferenz lesen Sie hier.
Jahrelang hatte Doskozil auf eine Demontage von Ex-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner hingearbeitet. Mit Erfolg. Bloß hat er damit jemand anderem den Weg an die Spitze geebnet: Andreas Babler.
Die chaotischen Wochen des roten Vorsitz-Castings hat mein Kollege Max Miller hier zusammengefasst: von der Giraffe bis zum Excel-Fehler.
Als Babler am Montagabend vor die Presse trat, wirkte er dabei mindestens so verdutzt wie die Journalisten, die vor ihm saßen. Offenbar war es dem Außenseiter am Parteitag mit seiner Brandrede der Marke Arbeiterführer gelungen, die Delegierten von sich zu überzeugen. Einer aus dem Doskozil-Lager anerkannte nach der Rede in Linz: "Mein Herz sagt Babler, aber mein Kopf Doskozil." Die Herzen der Delegierten haben sich durchgesetzt. Und was macht Babler jetzt? Gestern Abend wusste er es noch nicht so recht: "Wenn das Ergebnis stimmt, übernehme ich das Amt", erklärte er. Betonung auf "wenn". Vorsorglich bat Babler die Wahlkommission, das Ergebnis nochmals zu prüfen. Ein drittes Mal also.
In dieser Hinsicht ist in der SPÖ eine Lernkurve zu erkennen: Niemand traut mehr der Wahlkommission, nicht einmal die, die von ihr zum Sieger erklärt werden.